Rechtsanwaltskanzlei
Schritt zurück

Neue Kolleginnen und Kollegen in Hamburg und München; Rechtsprechung kompakt: Anwendbarkeit von § 650c Abs. 3 (sog. 80% Regelung) auf VOB/B Verträge; Anforderungen an Kulanzangebote bei vorzeitiger Kündigung von Werkverträgen

Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes lag der Anteil der Erwerbstätigen, die innerhalb der letzten 4 Wochen „ständig oder regelmäßig“ abends arbeiten, bei insgesamt 14,8 % im Jahre 2024. Als „abends“ gilt dabei die Zeit zwischen 18.00 und 23.00 Uhr. Dabei arbeiteten 30,3 % der Selbstständigen mit Beschäftigten und 13,9 % der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen abends. Auch Nachtarbeit (zwischen 23.00 Uhr und 06.00 Uhr) kommt bei Selbstständigen mit Beschäftigten zwar insgesamt häufiger, jedoch im Vergleich unwesentlicher vor. Während dies auf 5,0 % der Selbstständigen zutraf, arbeiteten bei den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern insgesamt 4,7 % nachts.

Liebe Mandantinnen und Mandanten,

liebe Leserinnen und Leser,

mit der vorliegenden Depesche möchten wir Sie über aktuelle Entwicklungen in der Kanzlei Fella Fricke Wagner sowie über beachtenswerte Entscheidungen aus der Rechtsprechung informieren.

I. Aktuelles

Neue Kolleginnen und Kollegen an den Standorten MÜNCHEN und HAMBURG!

Während der „Herbst der Reformen“ auch Ende November weiterhin auf sich warten lässt, freuen wir uns, Ihnen mitzuteilen, dass unsere Kanzlei sich „Neuem“ weit geöffnet hat. Sie durfte in den vergangenen Wochen sechs neue Kolleginnen und Kollegen begrüßen:

Seit dem 15.09.2025 unterstützt Frau Viktoria Falterer die Kolleginnen am Standort München. Sie kommt aus Traunstein und hat an der Ludwig-Maximilians-Universität München mit dem Schwerpunkt Medizinrecht studiert.

Ihr Referendariat absolvierte sie am Landgericht Traunstein mit Stationen in der Zivilkammer für Bausachen und der Staatsanwaltschaft. Die Verwaltungsstation fand am Landratsamt Dachau statt. Ihre Anwalts- und Wahlstation hat Frau Falterer in einer medizinrechtlichen Kanzlei in München absolviert.

In ihrer Freizeit macht Frau Falterer gerne Pilates, geht wandern und ist im Winter auf der Skipiste zu finden.

Mit Frau Violetta Jakimova durfte der Standort München am gleichen Tag eine weitere Kollegin willkommen heißen. Sie kommt aus Erding und hat an der Ludwig-Maximilians-Universität München mit dem Schwerpunkt Strafrecht das erste Examen absolviert.

Ihr Referendariat durchlief sie am Landgericht Landshut mit den Stationen am Amtsgericht Erding und der Staatsanwaltschaft Landshut sowie am Landratsamt Landshut. Ihre Anwaltsstation hat Frau Jakimova in einer Strafrechtskanzlei in München absolviert. Die Wahlstation fand in dem Unternehmen Allianz statt, da der Schwerpunkt im zweiten Examen „Wirtschaft“ war. In der mündlichen Prüfung lag der Schwerpunkt dabei im GmbH-Recht.

In ihrer Freizeit reist Frau Jakimova sehr gerne, lernt gerne neue Sprachen und besucht gerne Restaurants und Cafés.

Weiter verstärkt wird der Standort München seit dem 03.11.2025 durch Herrn Rechtsanwalt Kerem Ekmekyemez. Er stammt aus München und hat an der Universität Augsburg mit dem Schwerpunkt Kriminalwissenschaften studiert.

Sein Referendariat absolvierte er am Oberlandesgericht München mit Stationen am Amtsgericht (Allgemeine Zivilsachen und Jugendstrafsachen), am Verwaltungsgericht München (Baukammer) sowie bei der Landeshauptstadt München (IT-Referat). In der Anwaltsstation war er bei SKW Schwarz und in der Wahlstation bei Nixon Peabody LLP in den USA.

Zu seinen Hobbys gehören Fußballspielen und Videospiele.

Seit dem 01.10.2025 unterstützt Herr David Carvalho Hilje die Kolleginnen und Kollegen am Standort Hamburg. Geboren in Lissabon wuchs er später in Münster, Herford und Bocholt auf. Anschließend studiert er an der Universität Köln mit Schwerpunkt im Öffentlichen Recht.

Sein Referendariat absolvierte er am Oberlandesgericht Düsseldorf, dort am Landgericht Duisburg, wobei er seine Anwaltsstation bei der Wirtschaftskanzlei GvW mit Schwerpunkt im privaten Baurecht durchführte.

Nach Abschluss des Referendariats arbeitete er in der außergerichtlichen Rechtsberatung einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft im privaten Baurecht.

In seiner Freizeit spielt er gerne Klavier, kocht und betätigt sich sportlich im Tischtennis und Badminton.

Seit dem 03.11.2025 unterstützt Frau Anna Krieten die Kolleginnen und Kollegen am Standort Hamburg.

Sie ist eine echte „Hamburger Deern“, geboren in Hamburg und lebt in Buxtehude.

Ihr Studium begann in Potsdam im Deutsch-Französischen Recht, für ihren Schwerpunkt im Jugendstrafrecht wechselte sie später zurück nach Hamburg.

Nach ihrem ersten Examen im Februar 2022 arbeitete sie zunächst ein Jahr lang in der Rechtsabteilung von Tchibo.

Ihr Referendariat absolvierte sie ab September 2023 in Stade. Nach Stationen in der Arzthaftungskammer am Landgericht Stade und bei der Staatsanwaltschaft Stade führte sie ihre Verwaltungsstation nach Hamburg in die Behörde für Inneres & Sport, Abteilung Öffentliche Sicherheit. Ihre Anwaltsstation absolvierte sie in der auf Datenschutzrecht spezialisierten Boutique-Kanzlei Planit Legal, was ihr sehr gut gefiel. Für die Wahlstation zog es sie schließlich zu Regpit nach Berlin, einem Startup mit Fokus auf Geldwäscheprävention.

In ihrer Freizeit ist sie gern sportlich aktiv, geht drei Mal die Woche ins Fitnessstudio (wenn es der Zeitplan zulässt), backt mit viel Leidenschaft Torten für besondere Anlässe (meist Hochzeitstorten), fährt gern Ski und reist so oft sie kann.

Sie hat eine Schwäche für guten Kaffee, Wein und liebt alles, was gut organisiert ist und hat trotzdem meistens viel zu viele Tabs gleichzeitig im Browser offen.

Mit Timo Dreiling durfte der Standort Hamburg am 17.11.2025 einen weiteren neuen Mitarbeiter begrüßen. Er wuchs in Hamburg auf und studierte an der dortigen Universität mit Schwerpunkt im Handels- und Gesellschaftsrecht.

Das Referendariat absolvierte er in Niedersachsen im Bezirk des OLG Celle und verbrachte seine anwaltliche Station in der Rechtsanwaltskanzlei Kapellmann. Dort lernte er das Baurecht zu schätzen und richtete sich beruflich hierauf aus.

Privat macht er gerne Kraft- und Ausdauersport und ist in mehreren Brettspielgruppen mit seinen Freunden aktiv.

Wir freuen uns auf die künftige Zusammenarbeit mit den neuen Kolleginnen und Kollegen!

II. Urteil im Überblick

OLG Köln Urteil vom 31.10.2025 – 6 U 45/25

„Kulanzangebot“ nach vorzeitiger Beendigung eines Werkvertrages im Hinblick auf § 648 S.2 BGB

Das OLG Köln hat entschieden, dass bei vorzeitiger Beendigung eines Werkvertrages ein Kulanzangebot durch den Unternehmer an den Verbraucher zur Abgeltung dessen Werklohnanspruchs gem. § 648 S.2 BGB nicht verlangt, dass der Unternehmer die Kalkulationsgrundlagen des Angebots offenzulegt.

In der zugrundeliegenden Entscheidung kündigte die Verbraucherin drei Wochen nach Bestellung eines Treppenliftes infolge eines Todesfalls den Vertrag. Die Beklagte, eine Anbieterin von Treppenliften, machte daraufhin schriftlich den Anspruch auf Zahlung in Höhe von 85 – 93% des Kaufpreises nach § 648 S.2 BGB geltend. Gleichzeitig bot sie aus Kulanzgründen einen reduzierten Betrag von 75% des Kaufpreises an. Eine Kalkulation fügte sie ihren Erklärungen nicht bei. Erst nach Ablehnung des „Kulanzangebots“ und Forderung nach Angabe des tatsächlichen Vergütungsanspruchs legte die Beklagte diese vor. Der Anspruch entsprach demnach nicht 85 – 93%, sondern lediglich 80% des Nettoauftragswertes. Dies empfand die Verbraucherin als unlauter und wandte sich an die Wettbewerbszentrale. Im weiteren Verlauf unterzeichnete die Beklagte eine strafbewehrte Unterlassungserklärung bezüglich der falschen Angabe von den zuvor angegebenen 85 – 93% im Vergleich zur tatsächlichen Höhe von 80%.

Die Klägerin, eine Verbraucherschutzzentrale, beantragte nunmehr noch die Unterlassung darauf gerichtet, dass die Beklagte die Vertragsauflösung gegen Zahlung eines bestimmten Anteils der vereinbarten Vergütung anbot, ohne die Berechnungsgrundlagen hierfür mitzuteilen. Sie stützte sich dabei auf § 5a Abs. 1 UWG, nach dem sich unlauter verhält, wer eine wesentliche Information vorenthält.

Das LG Köln wies den Antrag als unbegründet zurück. Die Berechnungsgrundlage sei dann unerheblich, wenn der Verbraucher bei korrekter Angabe der Vergütungshöhe beurteilen können, in welchem Umfang das Kulanzangebot günstiger sei.

Die dagegen gerichtete Berufung wies das OLG Köln zurück. Sie schloss sich der Vorinstanz insoweit an, als dass die genaue Aufschlüsselung der Kalkulation nicht relevant für die Verbraucherentscheidung sei. Ob die Berechnungskalkulation selbst eine wichtige Information im Sinne von § 5 Abs. UWG ist, die vorenthalten wurde, wurde offengelassen. Es dürften lediglich keine irreführenden Angaben gemacht werden und die vorgeschlagene Kalkulation müsse dem Verbraucher eine Beurteilung darüber erlauben können, in welchem Umfang das Kulanzangebot günstiger sei.

Den Urteilen ist im Ergebnis Folgendes zu entnehmen:

Die konkrete Berechnung des vermutlich eintretenden Anspruchs – Vergütungsanspruch abzüglich ersparter Aufwendungen – darf nicht unrichtig sein. Erlaubt ist jedoch ein gewisser Korridor. Zudem muss für den Verbraucher eindeutig sein, welche Summe er durch die Annahme einer Kulanz einspart. Eine Aufschlüsselung der Kalkulation ist hingegen nicht notwendig.

III. Urteil im Detail

OLG Celle OLG Celle, Urteil vom 14. Mai 2025 – 14 U 238/24

Anwendbarkeit von § 650c Abs. 3 BGB (sog. 80 % Regelung) auf VOB/B-Verträge

Das OLG Celle hat in einem einstweiligen Verfügungsverfahren entschieden, dass  § 650c Abs. 3 BGB – ebenso wie § 650d BGB – auch dann auf Bauverträge anwendbar ist, wenn die VOB/B wirksam einbezogen wurde. § 650c Abs. 3 BGB könne jedoch nicht isoliert ohne weitere Voraussetzungen betrachtet werden, vielmehr sei § 650 b BGB zu beachten.

1. Sachverhalt:

Die Verfügungsbeklagte erteilte als Auftraggeberin der Verfügungsklägerin als Auftragnehmerin den Zuschlag für Maßnahmen zur Erkundung, Sicherung und Verfüllung eines untertagigen Stollensystems. Die Sicherung des Stollensystems sollte durch Baustoffverfüllung erfolgen. In regelmäßigen Abständen sollten anschließend Bohrungen zur Überprüfung der Hohlraumverfüllung stattfinden. Bei dieser Bohrung fällt zu entsorgendes Bohr- und Spülwasser an. Für letzteres findet sich im Leistungsverzeichnis keine Position. Im Nachgang zum Vertragsschluss wurde vereinbart, auf Spülzusätze zu verzichten und auf eine Umlaufspülung zu setzen. Hierfür erstellte die Verfügungsklägerin ein Nachtragsangebot „Entsorgung von überschüssigem Bohrwasser […] im Pufferbecken auf Nachweis zzgl. der Zuschläge gem. Urkalkulation […] 1,000 t auf Nachweis“. Sie machte hierauf ihren Abschlag geltend. Die Verfügungsbeklagte verweigerte in der Folge die Zahlung, da es sich ihrer Auffassung nach um eine vertraglich geschuldete Nebenleistung handele.

Die Verfügungsklägerin beantragte im Wege der einstweiligen Verfügung Zahlung der dieses Mal genau bezifferten offenen Nachtragsforderung in Höhe von 80% gem. § 650c Abs. 3 S.1 BGB.

Das LG Hannover wies im erstinstanzlichen Urteil den Antrag zurück. § 650c BGB setze in Verbindung mit § 650b Abs. 2 BGB ein beziffertes Angebot für die Mehrvergütung vor der Anordnung bereits voraus.

Es entschied, dass die Forderung gemäß § 650c Abs. 3 BGB zwar grundsätzlich im Wege der einstweiligen Verfügung geltend gemacht werden könne, jedoch habe der Auftragnehmer die Voraussetzungen der §§ 650d, 650c Abs. 3, 650b Abs. 2 BGB nicht schlüssig vorgetragen. Das Angebot mit der Erläuterung „auf Nachweis“ erfülle die Voraussetzung des bezifferten Angebots auf Mehrvergütung nach § 650b Abs. 2 BGB nicht. Auf dieses könne nicht verzichtet werden, da dem Besteller vor der Anordnung die wirtschaftliche Tragweite einer späteren Anordnung zu verdeutlichen sei. Da die Voraussetzungen der §§ 650c Abs. 3, 650b Abs. 2 BGB nicht vorlägen, könnten auch keine Abschlagszahlungen verlangt werden.

2. Entscheidung

Das OLG Celle hat die Berufung zurückgewiesen.

Zunächst schließt sich das Gericht der Entscheidung des OLG München an, dass der § 650c Abs. 3 BGB auch auf VOB/B Verträge anwendbar ist. Begründet wird dies mit der Erwägung, dass die VOB/B keine vergleichbare Regelung hierüber enthält und daher § 650c Abs. 3 BGB nicht modifiziert. § 16 Abs. 1 VOB/B enthalte zwar Vorschriften zur Abschlagszahlung, jedoch kein vorläufiges, einseitiges Preisbestimmungsrecht des Unternehmers. Auch im VOB/B Vertrag müssten daher die Voraussetzungen des § 650b BGB vorliegen, wenn der Unternehmer nach § 650c Abs. 3 BGB vorgehen wolle.

§ 650c Abs. 3 BGB knüpft an § 650b BGB an. Daher wird tatbestandsmäßig ein Angebot des Auftragnehmers nach § 650b Abs. 1 S. 2 BGB und eine anschließende Anordnung durch den Auftraggeber gem. § 650b Abs. 2 BGB vorausgesetzt. Dies begründet das OLG damit, dass § 650c Abs. 3 BGB Teil des einheitlichen Regelungssystems von §§ 650b, 650c und 650d BGB sei. Daher könne sich ein Auftragnehmer nicht ohne weiteres lediglich auf § 650c Abs. 3 BGB ohne Beachtung des § 650b Abs. 2 BGB stützen.

Die Voraussetzungen habe die Verfügungsklägerin nicht glaubhaft machen können

Das OLG führt weiter aus, dass im Angebot die zusätzlich ausgeführten Leistungen und ein bestimmter oder bestimmbarer Endpreis angegeben werden müsse und die Angabe „auf Nachweis zzgl. der Zuschläge gem. Urkalkulation“ diese Anforderungen nicht erfüllen würden.

Zwar müsse der Preis weder näher aufgeschlüsselt werden noch muss er nachvollziehbar (prüffähig“) sein, jedoch müsse für den Auftraggeber jedenfalls ein Anhaltspunkt über die voraussichtlich entstehenden Zusatzkosten gegeben werden. Dies könne etwa durch Beifügung eines Preisverzeichnisses, Preise pro Tonne o.ä. geschehen.

Durch das Fehlen der Voraussetzungen von § 650b Abs. 2 BGB wurde somit mangels Angebots auch der Anspruch auf die Zahlung der 80% nach § 650c Abs. 3 BGB abgelehnt. Der Anspruch auf Abschlagszahlungen könnte demnach lediglich unter den erhöhten Voraussetzungen gem. § 632a BGB, nach vertraglichen Regelungen oder gem. § 16 VOB/B erfolgen.

Es handelt sich um eine Entscheidung in der einstweiligen Verfügung, eine Revision ist daher unzulässig und das Urteil mithin rechtskräftig.

Eine höchstrichterliche Rechtsprechung steht gegenwärtig noch aus.

Im Ergebnis dieses Urteils ist anzuraten, dass bei Nachtragsangeboten vor Anordnungen dem Auftraggeber eine hinreichende Möglichkeit dafür gegeben wird, die aufkommenden Zusatzkosten abzuschätzen. Dies auch dann, wenn zum Zeitpunkt des Angebots noch nicht abschätzbar ist, wie hoch der Arbeits- oder Materialaufwand sein wird. In diesem Fall sind als Grundlage etwa Preise pro Tonne und Arbeitskosten pro Stunde zu empfehlen.

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