Der Sentix-Konjunkturindex für die Eurozone ist im September überraschend stark gefallen, von
-3,7 im August auf -9,2, trotz Erwartungen eines leichten Anstiegs durch Analysten auf -2,0. Besonders deutlich war der Rückgang in Deutschland, wo der Teilindex auf -22,1 abrutschte – ein Tiefstand, der die anhaltende wirtschaftliche Schwäche untermauert.
Parallel drücken US-Zölle deutsche Exporte im Juli auf den tiefsten Stand seit 2021: -7,9 % bei US-Geschäften, Gesamtexporte -0,6 % zum Vormonat. Auch die China-Nachfrage ist schwach, sodass die deutschen Exporte im Juli 2025 ein Minus verzeichneten. Dies führte auch dazu, dass das ifo-Institut eine Korrektur der Konjunkturerwartungen durchführte: Für 2025 wurde nun ein BIP-Wachstum von lediglich 0,2 % (-0,1 Pkt.) und für 2026 von 1,3 % (-0,2 Pkt.) kalkuliert.
Die wirtschaftlichen Aussichten mögen derzeit wenig Anlass zum Lächeln geben – doch manchmal bringt das Leben ganz eigene, überraschende heitere Geschichten hervor: In Bayern meldeten Anwohner eines Mehrfamilienhauses nächtliche, unerklärliche Störungen an ihrer Türklingel – der Verdacht fiel zunächst auf einen klassischen „Klingelstreich“ durch Jugendliche. Doch weit gefehlt: Als eine Polizeistreife die Szene untersuchte, wurde der wahre Täter enttarnt – eine Schnecke, die sich gemächlich über die Metallplatte der Klingel bewegte und dabei wiederholt den Summer auslöste. Die Polizei beförderte das kleine Tier freundlich auf die nächstgelegene Wiese.
Liebe Mandantinnen und Mandanten,
liebe Leserinnen und Leser,
mit dieser Depesche möchten wir Sie wieder über aktuelle Entwicklungen in Rechtsprechung und Gesetzgebung informieren, die für Ihre Praxis von Bedeutung sein können.
I. Aktuelles
Die Liegestühle sind eingeklappt, der Sand aus den Schuhen geklopft – und auch die Politik ist zurück aus der Sommerpause. Kaum sind die
Abgeordneten wieder im Berliner Regierungsviertel gelandet, geht es schon turbulent los: Reformpläne, Umfragebeben und hitzige Debatten sorgen dafür, dass der politische Herbst alles andere als gemütlich wird.
Ganz oben auf der To‑do‑Liste steht die Reform des Bürgergelds: Künftig sollen strengere Mitwirkungspflichten gelten, und wer mehrfach zumutbare Arbeit ablehnt, muss mit vollständigem Leistungsentzug rechnen.
Parallel dazu will die Regierung das Rentenniveau bis 2031 bei 48 % festschreiben und mit einer steuerfreien „Aktivrente“ Hinzuverdienste von bis zu 2.000 Euro im Monat ermöglichen.
Auch in der Steuerpolitik sind Weichenstellungen geplant: Ab 2027 sollen kleine und mittlere Einkommen entlastet werden. Gleichzeitig muss der Bundeshaushalt für die Jahre 2027 bis 2029 eine Milliardenlücke schließen – ohne den Sozialstaat zu beschneiden. Um die Wirtschaft anzukurbeln, setzt die Koalition eigenen Angaben zufolge auf Bürokratieabbau, schnellere Genehmigungsverfahren und wettbewerbsfähige Energiepreise.
Das Deutschlandticket soll über 2025 hinaus fortgeführt werden, wobei Bund und Länder noch um die Finanzierung ringen.
In der Sicherheitspolitik steht die Bundeswehr im Fokus: Beschaffungsprozesse sollen beschleunigt und ein neues Wehrdienstgesetz eingeführt werden – zunächst auf freiwilliger Basis –, mit dem Ziel, 460.000 aktive Soldaten und Reservisten zu erreichen.
Für zusätzlichen Zündstoff sorgt der angekündigte „Herbst des Widerstands“ der Grünen. Sie wollen Pläne zur Förderung fossiler Energien stoppen und drängen auf mehr Tempo beim Ausbau erneuerbarer Energien sowie auf Entlastungen bei den Strompreisen.
All dies lässt stürmische Zeiten erahnen.
II. Urteile im Überblick
1. BGH: Projektentwicklerin als „Bauherrin“ durch Vertragsgestaltung?
Der Bundesgerichtshof hat in seinem Urteil vom 14.08.2025 – III ZR 125/24 – entschieden, dass ein Grundstückseigentümer als geschützter „Dritter“ i.S.d. § 839 Abs. 1 S. 1 BGB anzusehen ist, wenn ein anderer – hier eine beauftragte Projektentwicklerin – den Bauantrag stellt, der Eigentümer aber nicht nur wirtschaftlich, sondern auch rechtlich eigentlicher Träger des Interesses am Bauvorhaben ist. Ob er den Antrag selbst hätte stellen können, ist unerheblich (Fortführung BGHZ 93, 87).
Die Eigentümerin einer Villa beauftragte eine Projektentwicklerin mit Planung, Genehmigungsantrag und Bauüberwachung für eine Umnutzung von Büroräumen in Wohnungen. Die Stadt lehnte den Antrag rechtswidrig ab; erst nach verwaltungsgerichtlicher Verpflichtung wurde die Genehmigung erteilt. Die Eigentümerin verlangte Schadensersatz wegen entgangener Mieten.
Der BGH stellt klar: Auch wenn der Bauantrag von einer beauftragten Projektentwicklerin gestellt wird, kann der Eigentümer als „geschützter Dritter“ gelten, wenn er rechtlich und wirtschaftlich der eigentliche Bauherr ist. Die Stadt verletzte mit der rechtswidrigen Ablehnung des Antrags eine Amtspflicht, die auch den Eigentümer schützt. Ob ein Verschulden vorliegt, ist hier egal, weil zusätzlich ein Anspruch aus dem bundesländlichen Staatshaftungsgesetz besteht. Ein Grundurteil war zulässig, da ein Mietausfallschaden sehr wahrscheinlich ist.
Kurz gesagt: Für die Haftung zählt, wer wirklich hinter dem Bauvorhaben steht – nicht, wer den Antrag unterschreibt.
2. VGH München: „Ewiges Baurecht“ für Dritte Startbahn bleibt bestehen
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Urteil vom 30.07.2025 – 8 CS 24.2456 – entschieden, dass ein Planfeststellungsbeschluss für ein Infrastruktur-Großprojekt – hier die dritte Startbahn am Franz Josef Strauß Flughafen München – nicht automatisch nach zehn Jahren erlischt, wenn bereits wesentliche vorbereitende Maßnahmen umgesetzt wurden. Der Widerruf scheidet auch dann aus, wenn das Projekt über Jahre hinweg nicht gebaut wurde.
Geklagt hatte u.a. der Bund Naturschutz und betroffene Bürger gegen die Fortgeltung des Baurechts für das Projekt. Der ursprüngliche Planfeststellungsbeschluss war 2011 erlassen worden, der Bau wurde bislang nicht begonnen. Die Kläger argumentieren, das Baurecht müsse mit Ablauf von zehn Jahren enden, weil es nicht in Anspruch genommen wurde.
Der VGH sah das anders: Bereits realisierte Maßnahmen wie Grunderwerb, der S-Bahn-Tunnelbau, Straßenverlegungen und Kompensationsflächen zeigten, dass das Projekt aktiv vorangetrieben wurde. Auch wenn der eigentliche Hochbau noch aussteht, bleibt der Planfeststellungsbeschluss rechtlich wirksam. Die Zehnjahresfrist sei im geltenden Planungsrecht nicht vorgesehen und lasse sich nicht herleiten.
Kurz gesagt: Ein Planfeststellungsbeschluss kann (zumindest in Bayern) auch noch nach vielen Jahren Bestand haben – entscheidend ist nicht der sichtbare Baubeginn, sondern ob das Vorhaben tatsächlich betrieben wurde.
III. Urteil im Detail
BGH: Vertragsstrafe bleibt trotz Rücktritt vom Bauträgervertrag bestehen
Der Bundesgerichtshof (Urt. v. 22.05.2025 – VII ZR 129/24) hat klargestellt, dass eine vor einem Rücktritt verwirkte Vertragsstrafe aus einem Bauträgervertrag auch nach dem Rücktritt geschuldet bleibt – sofern die Parteien nichts anderes vereinbart haben.
Sachverhalt:
Eine Käuferin hatte 2018 mit einer Bauträgerin einen notariellen Kaufvertrag über den Umbau eines Fabrikgebäudes zu 27 Wohnungen geschlossen (Kaufpreis: 7,3 Mio. Euro). Der Vertrag sah eine Fertigstellung bis zum 17.10.2020 vor. Für jeden Werktag der Verspätung war eine Vertragsstrafe von 1.276,57 Euro vereinbart, begrenzt auf 5 % des Kaufpreises (max. ca. 365.000 Euro). Zudem enthielt der Vertrag eine sog. Longstop-Klausel: War bis zum 15.08.2022 keine Kaufpreisfälligkeit eingetreten, konnte die Käuferin bis zum 15.12.2022 zurücktreten. Die Bauträgerin stellte das Objekt nicht fristgerecht fertig. Die Käuferin machte die maximale Vertragsstrafe geltend und erklärte am 14.12.2022 – also kurz vor Ablauf der Rücktrittsfrist – den Rücktritt vom Vertrag.
Das Landgericht sprach der Klägerin zunächst 100.000 Euro Vertragsstrafe zu und stellte die Pflicht zur weiteren Zahlung fest. Nach Klageerweiterung verurteilte das Berufungsgericht die Beklagte zur Zahlung von insgesamt 365.000 Euro plus Zinsen, Zug um Zug gegen Löschung der zugunsten der Klägerin eingetragenen Auflassungsvormerkung. Grundlage war eine wirksam vereinbarte Vertragsstrafenklausel im Bauträgervertrag (§§ 339, 341 BGB). Zwischen dem vereinbarten Fertigstellungstermin und dem Rücktritt der Klägerin lagen mindestens 286 Werktage Verzug; ein Entlastungsbeweis nach § 286 Abs. 4 BGB gelang der Beklagten nicht. Der Bundesgerichtshof bestätigte diese Beurteilung.
Entscheidung des BGH:
– Der Rücktritt wirkt grundsätzlich ex nunc (nur für die Zukunft) und lässt bereits entstandene Ansprüche unberührt. Eine Vertragsstrafe, die vor dem Rücktritt verwirkt wurde, bleibt daher bestehen.
– Zweck der Vertragsstrafe ist es, den Schuldner zur rechtzeitigen Leistung anzuhalten (Druckfunktion) und zugleich einen pauschalierten Schadensersatz für Verzögerungen zu bieten (Ausgleichsfunktion).
– Würde der Anspruch mit dem Rücktritt entfallen, könnte der Schuldner Verzögerungen gezielt nutzen, um sich der Vertragsstrafe zu entziehen – dies widerspräche dem Sinn der Regelung.
– § 325 BGB, der Schadensersatzansprüche trotz Rücktritts erhält, ist entsprechend anwendbar.
– Kein Verstoß gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB), wenn der Gläubiger trotz Vertragsstrafe vom Vertrag zurücktritt, da der Gläubiger nicht verpflichtet ist, vom Rücktritt abzusehen, um dem Schuldner die Möglichkeit zu geben, die Vertragsstrafe zu vermeiden.
Das Urteil stärkt die Position von Käufern und Bauherren bei Bauverzögerungen. Selbst wenn sie sich später vom Vertrag lösen, können sie auf bereits verwirkte Vertragsstrafen bestehen. Für die Vertragsgestaltung bedeutet dies: Soll die Vertragsstrafe im Falle eines Rücktritts entfallen, muss dies ausdrücklich und eindeutig vereinbart werden. Bauträger sollten daher prüfen, ob ihre Vertragsmuster entsprechende Regelungen enthalten, um unerwartete finanzielle Belastungen zu vermeiden.
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