Rechtsanwaltskanzlei

Osterpaket der Bundesregierung

I. Ausgewählte Zahlen zu Treibhausgasemissionen 

Weltweite Pro-Kopf-CO2-Emissionen (Stand 2019) 4,70 Tonnen

Pro-Kopf-CO2-Emissionen in DE (Stand 2019) 7,75 Tonnen

Pro-Kopf-CO2-Emissionen in Indien (Stand 2019) 1,69 Tonnen

Geschätzte Höhe der Treibhausgasemissionen 

bei einer 7-tägigen Fernreise durch eine 

4-köpfige Familie aus DE 21,31 Tonnen

II. Minderungsziele nach dem Klimaschutzgesetz für Treibhausgasemissionen bis 2040:

Minderungsziel 2020: 813 Mio Tonnen CO2-Äquivalente

Minderungsziel 2030: 438 Mio Tonnen CO2-Äquivalente

Minderungsziel 2040: 150 Mio Tonnen CO2-Äquivalente

Minderungsziel 2045: Erreichung der Treibhausgasneutralität

Quelle: www.statista.com

I. Das Osterpaket der Bundesregierung

Mit dem sogenanntenOsterpakethat die Bundesregierung die zentrale Gesetzesnovelle zur Beschleunigung des Ausbaus der erneuerbaren Energien verabschiedet.

Das Gesetz hat den Bundestag noch nicht passiert und die Zustimmung der FDP erfolgte auch nur unter dem Vorbehalt, dass während der Beratungen im Bundestag Detailfragen geklärt werden können, es lohnt jedoch bereits jetzt ein Blick auf die eingebrachte Gesetzesvorlage zu werfen, da größere Änderungen nicht zu erwarten sind.

Das Gesetz trägt die Handschrift des grünen Bundesministers für Wirtschaft und Klimaschutz, es entspricht aber durchaus auch den Vorgaben des Koalitionsvertrages. Denn dort war festgehalten worden:

„Wir machen es zu unserer gemeinsamen Mission, den Ausbau der Erneuerbaren Energien drastisch zu beschleunigen und alle Hürden und Hemmnisse aus dem Weg zu räumen.“

Das Osterpaket ist ein sogenanntes Artikelgesetz, was bedeutet, dass es Änderungen in zahlreichen anderen Gesetzen vornimmt. 

Welche Gesetze sind betroffen?

Folgende Gesetze werden durch das Ostergesetz novelliert: 

  • Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG),
  • das Windenergie-auf-See-Gesetz (WindSeeG),
  • das Energiewirtschaftsgesetz (EnWG),
  • das Bundesbedarfsplangesetz (BBPlG),
  • das Netzausbaubeschleunigungsgesetz Übertragungsnetz (NABEG),
  • weitere Gesetze und Verordnungen im Energierecht.

Welche Ziele werden durch das Ostergesetz angestrebt?

Folgende Ziele werden mit dem Gesetz verfolgt:

  • Bis 2030 sollen mindestens 80 Prozent des deutschen Bruttostromverbrauchs aus erneuerbaren Energien bezogen werden (Zum Vergleich: 2021 lag der Anteil bei 42 Prozent).
  • 2035 soll der Strom in Deutschland nahezu vollständig aus erneuerbaren Energien stammen.
  • Es werden neue Flächen für den Ausbau der Photovoltaik bereitgestellt. Windschwache Standorte werden verstärkt erschlossen und die Rahmenbedingungen für den Ausbau von Photovoltaikdachanlagen verbessert.
  • In diesem Zusammenhang wird der von Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz als „Herzstück des Pakets“ bezeichnete Grundsatz verankert, dass die Nutzung erneuerbarer Energien im überragenden öffentlichen Interesse liege und der öffentlichen Sicherheit diene. Dies wird voraussichtlich bei der Abwägungsentscheidung in den Genehmigungsverfahren ausschlaggebend sein. Die erneuerbaren Energien stellen nun einen „vorrangigen Belang“ im Rahmen der Schutzgüterabwägung dar.
  • Für den Ausbau der Windenergie auf See sollen künftig neben der Ausschreibung von bereits voruntersuchten Flächen auch bisher nicht voruntersuchte Flächen ausgeschrieben werden.
  • Damit die Netze mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien Schritt halten können, wird der Ausbau der Netze beschleunigt, indem Hemmnisse abgebaut und Planungs- und Genehmigungsverfahren verschlankt werden. 
  • Entbürokratisierung durch Abschaffung der EEG Umlage.

Wie geht es weiter?

Es wurde bereits die Fortschreibung des Osterpaketes durch ein sogenanntes Sommerpaket angekündigt. 

Mit diesem sollen zum einen bis dahin aufgekommenen Detailfragen geregelt sowie zum anderem das Problem der zu geringen Flächenausweisung für die Windenergie an Land behoben werden. 

Die doppelte energiepolitische Zielsetzung

Die Gesetzesnovelle soll einer doppelten energiepolitischen Zielsetzung gerecht werden. 

Zum einen bewegt sich die Gesetzesvorlage innerhalb der Vorgaben des Koalitionsvertrages zur Gestaltung der sogenannten Energiewende. Zum anderen trat durch den Ukrainekonflikt eine zweite geopolitisch eingefärbte Zielsetzung hinzu: die Loslösung aus der Abhängigkeit russischer Gaslieferungen.  

Dieses Ziel hatte zum Zeitpunkt der Koalitionsverhandlungen noch keine Rolle gespielt. Im Gegenteil, sollte doch die Transition von Kohle und Atomkraft hin zu den erneuerbaren Energien sogar durch den massiven Ausbau der Energiegewinnung durch Gaskraftwerke (zeitweilig) aufgefangen werden.

Das Osterpaket vor dem Hintergrund des Klimaschutzbeschlusses des BVerfG oder mit anderen Worten: etwas weniger Freiheit jetzt, etwas mehr Freiheit später?

Die etwas fanatisch klingende Formulierung des Koalitionsvertrages(„wir machen es zu unserer Mission, den Ausbau…“ „drastisch zu beschleunigen“) war sicherlich auch unter dem Eindruck des als „Klimaschutz“überschriebenen Beschlusses des BVerfG vom 24.03.2021 entstanden. 

Mit diesem Beschluss hatte das BVerfG festgestellt, dass das deutsche Klimaschutzgesetz aus dem Jahr 2019 in Teilen nicht mit den Grundrechten vereinbar sei, da ausreichende Vorgaben für die Minderung der Emissionen ab dem Jahr 2031 fehlen würden. 

Hierbei hatte es auf den Grundsatz der „intertemporalen Freiheitssicherung“abgestellt und angenommen, dass die Ungleichverteilung der Anstrengungen zur Minderung der Emissionen bis 2030, im Vergleich zu jenen ab 2031, nicht hinreichend Rücksicht auf die künftige Freiheit der (teilweise sehr jungen) Beschwerdeführer genommen habe. 

Der Gesetzgeber habe für den Zeitraum bis 2030 zu geringe Anstrengungen vorgesehen und ein Großteil der emissionssenkenden Bemühungen für den Zeitraum ab 2031 vorbehalten und letztendlich offengelassen.

Die Gefährdung der künftigen Freiheit wirke jedoch vor, so dass letztendlich die jetzige Freiheit (selbstverständlich auch jene der Beschwerdeführer selbst!) stärker zu beschränken sei. 

Diesen Vorgaben wird das Osterpaket durch seine Radikalität sicherlich gerecht. Zwar genüge es nach Ansicht von Experten nicht der 1,5-Grad-Zielsetzung, zu der sich die Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen (UN) in Paris 2015 verpflichtet haben (obgleich sich das Osterpaket diese Zielsetzung ausdrücklich zu eigen macht). Dies belegt eine Studie der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin (HTW).

Da das Osterpaket jedoch bereits ab 2035 eine vollständige Unabhängigkeit von fossilen Energiequellen anstrebt, dürfte es die Vorgaben des BVerfG, zumindest hinsichtlich des energieerzeugenden Sektors, umgesetzt haben. 

Fazit

Das Osterpaket kommt nicht unangekündigt, birgt jedoch nicht unerheblichen sozialen und politischen Sprengstoff. 

Zwar sei der „Knoten“ zwischen Wirtschafts- und Umweltministerium rund um den Konflikt zwischen Artenschutz und Windkraft, oder plastischer: den zwischen Rotmilan und Rotorblättern „durchgeschlagen“ worden, so Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz Habeck in der anberaumten Pressekonferenz. Doch ist unschwer zu erkennen, welches Ministerium sich hierbei durchgesetzt hat, was wiederum den Protest der Umwelt- und Tierschutzverbände zur Folge haben dürfte.

Der als „Herzstück des Pakets“ verankerte Grundsatz, wonach die Nutzung erneuerbarer Energien im überragenden öffentlichen Interesse liege und der öffentlichen Sicherheit diene, birgt zudem ein nicht übersehbares Potential für öffentlichen Unmut, da es die Abwägungsentscheidung in zahlreichen Genehmigungsverfahren beeinflussen und gleichsam vorweggenommen haben dürfte. 

Der damit einhergehende Verlust an Rechtsschutzmöglichkeiten und damit auch an Rechtsstaatlichkeit kann wohl nur durch die Vorfreude auf die zusätzliche (oder etwa doch nur wiedergewonnene?)Freiheitab Erreichung der Klimaneutralität etwas aufgewogen werden. 

II. OLG Hamm, Beschluss vom 09.03.2022: bei unbekanntem E-Mail-Absender geht der Dateianhang erst mit dem Öffnen der Datei zu!

Sachverhalt

Der Rechtsanwalt eines Internetversandhändlers versandte eine E-Mail nebst zweier beigefügter Schreiben im PDF Format. Dabei handelte es sich um eine Abmahnung eines Mitbewerbers nach dem UWB Gesetz (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb) sowie um eine entsprechende Unterlassungserklärung. 

Dabei war jedoch weder aus dem Text der E-Mail noch aus dem Dateinamen der PDF Datei erkennbar, dass es sich um eine Abmahnung handelte (das PDF des Abmahnungsschreibens trug den Dateinamen 2020000067EU12984.pdf). Lediglich die Unterlassungserklärung war als„Unterlassung.pdf“benannt worden.  

Der Text der zugesandten E-Mail lautete:„Sehr geehrte Damen und Herren, bitte beachten Sie anliegende Dokumente, die wir Ihnen situationsbedingt zur Entlastung der angespannten Infrastruktur im Versandwesen nur auf elektronischem Wege zur Verfügung stellen.“ 

Da hierauf und auch auf eine weitere E-Mail des Rechtsanwaltes mit einer Nachfristsetzung keine Reaktion erfolgte, erließ das Landgericht auf Antrag des Rechtsanwaltes eine einstweilige Verfügung gegen den Mitbewerber mit einer Kostenentscheidung zu dessen Nachteil. 

Der Mitbewerber erkannte die Ansprüche daraufhin grundsätzlich an, erhob jedoch einen Kostenwiderspruch. 

Er behauptete, er habe von den beiden E-Mails keine Kenntnis erlangt. Er könne nicht ausschließen, dass sie im sog. Spam-Ordner seines E-Mail-Postfachs eingegangen seien, dies lasse sich allerdings nicht mehr überprüfen, weil E-Mails im Spam-Ordner nach zehn Tagen gelöscht würden. 

Das LG bestätigte die einstweilige Verfügung hinsichtlich der Kostenentscheidung. Dagegen wandte sich er Mitbewerber mit seiner sofortigen Beschwerde.

Die Entscheidung im Beschwerdeverfahren

Die Kostenentscheidung wurde aufgehoben und die Kosten wurden dem abmahnenden Rechtsanwalt auferlegt.

Das Gericht geht davon aus, dass das anwaltliche Abmahnschreiben dem Mitbewerber tatsächlich nicht zugegangen ist, beziehungsweise der abmahnende Rechtsanwalt denBeweis des Zugangsschuldig geblieben ist. 

Denn wird ein Abmahnschreiben lediglich als Dateianhang zu einer E-Mail versandt, ist es nur und erst dann zugegangen, wenn der E-Mail-Empfänger den Dateianhang auch tatsächlich geöffnet hat. Denn im Hinblick darauf, dass wegen des Virenrisikos allgemein davor gewarnt wird, Anhänge von E-Mails unbekannter Absender zu öffnen, kann von dem Empfänger in einem solchen Fall nicht verlangt werden, den Dateianhang zu öffnen. 

Bewertung

Die Entscheidung ist richtig, aber nur auf Fälle übertragbar, in denen der Absender dem Empfänger der E-Mail unbekannt ist. 

Dessen ungeachtet darf daran erinnert werden, dass der Versand einer E-Mail den Zugang beim Empfänger nicht beweist. Hierfür bedarf es einer Lesebestätigung, späteren Rückantwort oder einer anderweitigen eindeutigen Bezugnahme auf die E-Mail.

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