Rechtsanwaltskanzlei

Der Mai bringt viel Neues

Laut Finanzministerium wird die Bundesregierung für die Jahre 2025 bis 2029 mit etwa 81 Milliarden Euro weniger Steuereinnahmen rechnen müssen. Demgemäß zeigt sich, dass die deutsche Wirtschaft voraussichtlich zum dritten Mal in Folge stagniert und nicht wächst. Zwar wuchs das Bruttoinlandsprodukt in Deutschland im Jahr 2024 nominal im Vergleich zum Jahr 2023 von 4,18 auf 4,31 Billionen Euro. Dennoch sprechen wir von einer Rezession, da nach Preisbereinigung ein Rückgang der Wirtschaftsleistung in Deutschland von 0,2 % zu verzeichnen ist. Für das erste Quartal 2025 zeigt das Statistische Bundesamt ein Wachstum von 0,2 % im Vergleich zum Vorquartal.

Unter den OECD Ländern ist Deutschland nach diesem Stand als größte europäische Volkswirtschaft das Schlusslicht. Im Vergleich dazu ist ein Wachstum in der Euro-Zone um ca. 1,3 % und in der USA um ca. 2,4 % prognostiziert.

Für das Jahr 2026 wird für Deutschland allerdings ein Wachstum von 1,2 % des BIP geschätzt.

I. Aktuelles

Politik

Der mittlerweile neue Deutsche Bundeskanzler Friedrich Merz scheiterte in seinem ersten Wahlgang zum Bundeskanzler, weil ihm 6 Ja-Stimmen zur Mehrheit gefehlt haben. Er erhielt von den 316 erforderlichen Stimmen nur 310. Dies stellt ein bisher einmaliges Ereignis in der Bundesrepublik Deutschland dar. Merz schaffte es aber im zweiten Anlauf und wurde von Bundespräsident Steinmeier am Abend des 06. Mai ernannt.

Die AfD wurde von dem Bundesamt für Verfassungsschutz als „gesichert rechtsextremistisch“

eingestuft, nachdem die Partei zuvor bereits als Verdachtsfall geführt worden ist. Der Verfassungsschutz betrachtet es als erwiesen, dass die AfD als Partei insgesamt rechtsextremistisch und gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung gerichtet ist. Der Verfassungsschutz legt in seinem Gutachten aus mehr als 1.000 Seiten die Verstöße der AfD gegen die Menschenwürde, das Rechtsstaats- und Demokratieprinzip dar. Kurz nach dieser Einstufung der AfD erging innerhalb eines Eilverfahrens vor dem VG Köln zwischen der AfD und dem Bundesamt für Verfassungsschutz eine „Stillhaltezusage“ von Seiten des Verfassungsschutzes. Die AfD darf mithin bis zum Erlass einer Entscheidung über den Eilantrag nicht offiziell als rechtsextremistisch betitelt werden.

Klimaziel 2024 erreicht

Deutschland hat sein Klimaziel für 2024 erreicht. Laut Experten ist der geringere Energieverbrauch zum einen auf die schwächelnde Wirtschaft und zum anderen auf den milden Winter und den Rückbau der Kohlekraftwerke zurückzuführen. Die Treibhausgasemissionen seien im Jahr 2024 um 3,4 % im Vergleich zum Vorjahr zurückgegangen. Das beträgt für das Jahr 2024 rund 649 Tonnen Kohlendioxid-Äquivalenten. Der Expertenrat für Klimafragen kalkuliert für das Jahr 2023 eine Verfehlung des Klimaziels. Die Emissionen könnten demnach nur um 63 % gegenüber 1990 sinken, anstatt der im Klimaschutzgesetz verankerten 65 %.

Personeller Zuwachs!

Wir freuen uns, Ihnen mitzuteilen, dass unsere Kanzlei auch in diesem Monat 2 neue Kolleg/innen begrüßen darf. Wir stellen Ihnen unsere neue Kollegin an unserem Berliner Standort und unseren neuen Kollegen am Standort in Hamburg vor:

Frau Rechtsanwältin Cansu Tutulmaz unterstützt seit dem 01.05.2025 die Kolleginnen und Kollegen am Standort Berlin. Sie unterstützt die Beratung im Bau- und Architektenrecht, Vergaberecht, Miet- und Wohnungseigentumsrecht sowie Vertragsrecht. Frau Tutulmaz ist in Berlin geboren und aufgewachsen und absolvierte ihr Studium an der Universität Potsdam mit dem Schwerpunkt Medien- und Wirtschaftsrecht.

Ihr Referendariat absolvierte sie im Kammergericht Berlin (2022-2024), mit Stationen am Amtsgericht Wedding (Zivilstation), bei der Wirtschaftsprüferkammer (Verwaltungsstation), in einer mittelständischen Wirtschaftskanzlei in Berlin (Anwaltsstation) sowie in einer international tätigen Großkanzlei (Wahlstation).

In ihrer Freizeit findet man Frau Tutulmaz beim Yoga, Pilates und Wandern.

Daneben begrüßen wir unseren Zuwachs in Hamburg. Ebenfalls seit dem 01.05.2025 unterstützt uns dort Herr Rechtsanwalt Christian Werkle. Seit August 2024 ist er bei der Rechtsanwaltskammer Karlsruhe als Rechtsanwalt zugelassen. Herr Werkle wuchs im Raum Heidelberg auf und studierte an der Ruprecht-Karls-Universität in Heidelberg Rechtswissenschaften.

Bereits während seines Referendariats am Landgericht Heidelberg konnte Herr Werkle Erfahrungen und Kenntnisse im Zusammenhang mit dem Baurecht gewinnen. Die Zivilstation absolvierte er in einer Zivilkammer für Bausachen beim Landgericht Heidelberg. In der Rechtsanwaltsstation war er für einen Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht in einer Kanzlei in Heidelberg tätig.

Zu seinen Hobbys gehören der Reit- und Fitnesssport.

Wir freuen uns auf die künftige Zusammenarbeit.

II. Entscheidung im Überblick


Ein Vergleich um jeden Preis? Nein. Beschloss das Bundesverfassungsgericht (BVerfG).

Das BVerfG stellt innerhalb seiner Beschlüsse (1 BvR 750/23 und 1 BvR 763/23) klar, dass das Erzeugen eines Vergleichsdrucks durch den Richter die Besorgnis der Befangenheit begründen kann. Das Verfahren war bereits 2015 am LG München I anhängig. Streitthema war eine millionenschwere Bausache. Die Vorsitzende Richterin wollte zum Zwecke der Verfahrensbeschleunigung die Parteien dazu bewegen, einen Vergleich zu schließen. Vergleichsverhandlungen scheiterten mehrmals. Nachdem das Gericht im August 2020 einen Sachverständigen anhörte, wurde von der Kammer die Fortsetzung der Beweisaufnahme in Aussicht gestellt. Ein Beweisbeschluss erging gleichwohl nicht. Die Vorsitzende fragte im Juni 2021 an, ob Vergleichsverhandlungen nochmals aufgenommen worden seien. Wenn dem nicht so wäre, so wies die Vorsitzende daraufhin, die Beweisaufnahme dann „kostenintensiv“ durchführen.

Im August 2022 lehnte die Klägerin die Vorsitzende wegen Besorgnis der Befangenheit ab mit dem Grund, die Kammer hätte unangemessenen Druck hinsichtlich eines Vergleichsabschlusses ausgeübt. Das Landgericht München lehnte den Befangenheitsantrag ab; auch die daraufhin folgende Beschwerde zum Oberlandesgericht (OLG) München blieb erfolglos. Die Klägerin legte daraufhin Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht (BVerfG) ein – mit Erfolg. Das BVerfG ist der Ansicht, dass die Richterin innerhalb ihrer Stellungnahme im Rahmen des Ablehnungsgesuchs offenkundig ihre Voreingenommenheit hat erkennen lassen. Die Art und Weise der Verfahrensleitung der Kammer des LG hat im Ergebnis dazu geführt, dass der Klägerin (und gleichzeitig Beschwerdeführerin) der gesetzlich garantierte Anspruch auf den gesetzlichen Richter und damit einhergehend auf eine richterliche Entscheidung entzogen worden ist. Der Hinweis der Richterin erzeugte nach Auffassung des BVerfG einen unangemessenen Vergleichsdruck, der zu einer Verletzung des grundrechtlichen Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 GG) verletzt hat. Diese Verletzung rechtlichen Gehörs wird auch nicht durch Gründe der Verfahrensbeschleunigung und der Prozessökonomie gerechtfertigt.

Die Sache wurde zur Entscheidung an das OLG München zurückverwiesen.

Entscheidung im Detail

Der Widerruf eines mit einem Kaufvertrag im Sinne von § 358 BGB verbundenen Verbraucherdarlehensvertrags führt nicht dazu, dass alle Ansprüche auf Rückabwicklung an demselben Ort zu erfüllen sind (BGH, Beschluss vom 6. Mai 2025 – X ARZ 38/25).

1.         Sachverhalt

Der in Hanau ansässige Kläger nimmt die Beklagten – eine im Bezirk des Amtsgerichts (AG) Seligenstadt ansässige Kraftfahrzeughändlerin (Beklagte zu 1)) und eine im Bezirk des AG Mönchengladbach ansässige Bank (Beklagte zu 2)) – vor dem AG Seligenstadt auf Rückzahlung von Zins- und Tilgungsleistungen in Anspruch.

Der Kläger hat bei der Beklagten zu 1) im August 2023 ein Kraftfahrzeug gekauft. Einen Teil des Kaufpreises hat er mit einem bei der Beklagten zu 2) abgeschlossenen Verbraucherdarlehensvertrag finanziert. Dieser Darlehensvertrag kam auf Vermittlung der Beklagten zu 1) in deren Räumlichkeiten zu Stande. Von August 2023 bis Januar 2024 erbrachte der Kläger an die Beklagte zu 2) Zins- und Tilgungsleistungen in Höhe von insgesamt 1.420,37 Euro

Der Kläger erklärte aufgrund von Sachmängeln am Fahrzeug den Rücktritt vom Kaufvertrag.  Anfang Dezember 2023 zahle ihm die Beklagte zu 1) die bereits geleistete Anzahlung zurück und gab ihm seinen in Zahlung gegebenen Altwagen zurück. Der Kläger erklärte mit anwaltlichem Schreiben vom 6. Februar 2024 gegenüber der Beklagten zu 2) den Widerruf des Darlehensvertrages, weil ihm die nach § 492 BGB erforderlichen Informationen nicht erteilt worden seien. Demgemäß werden bei Verbraucherdarlehen höhere Anforderungen an die Belehrung zum Widerruf und Widerrufsfristen gestellt.

Mit Schreiben vom 8. Februar 2024 erklärte die Beklagte zu 2), die Finanzierung mit dem Kläger habe ihre Erledigung gefunden. Eine Rückzahlung der erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen leistete die Beklagte zu 2) nicht.

Der Kläger nahm die beiden Beklagten vor dem AG Seligenstadt gesamtschuldnerisch auf Zahlung von 1.420,37 Euro nebst Zinsen und vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Anspruch.

Fraglich war in diesem Verfahren insbesondere, wo die Rückabwicklung des mit dem Verbraucherdarlehen verbundenen Kaufvertrages insgesamt stattzufinden hat, da der Ort der jeweiligen Leistungserfüllung unterschiedlich gewesen ist. Damit einher ging die Frage, ob die beiden Beklagten denselben Gerichtsstand des Erfüllungsortes haben (§ 29 ZPO).

2.         Entscheidung

Der BGH entschied: „Der Widerruf eines mit einem Kaufvertrag im Sinne von § 358 BGB verbundenen Verbraucherdarlehensvertrags führt nicht dazu, dass alle Ansprüche auf Rückabwicklung an demselben Ort zu erfüllen sind. Die Vermittlung des Darlehensvertrags durch den Verkäufer begründet in solchen Fällen keine Niederlassung der Darlehensgeberin am Ort der Vermittlung.“

Der Erfüllungsort (§ 29 ZPO) bestimmt sich grundsätzlich nach dem materiellen Recht. Für vertragliche Verpflichtungen regelt § 269 BGB den Leistungsort, der dem Erfüllungsort entspricht. Danach hat die Leistung an dem Ort zu erfolgen, an welchem der Schuldner zur Zeit der Entstehung des Schuldverhältnisses seinen Wohnsitz bzw. seine Niederlassung hatte. Etwas anderes gilt nur, wenn die Parteien einen anderen Leistungsort vereinbart haben oder wenn sich aus den Umständen, insbesondere der Natur des Schuldverhältnisses, ein abweichender Erfüllungsort ergibt. Der Leistungsort ist grundsätzlich auch bei gegenseitigen Verträgen für jede Leistung gesondert zu bestimmen. Dass dies zu unterschiedlichen Gerichtsständen führen kann, ist laut BGH prinzipiell hinzunehmen. Aus diesem Grund liegt der Leistungsort für die vom Kläger geltend gemachte Rückzahlung von Zins- und Tilgungsleistungen am Sitz der jeweiligen Beklagten. Die beiden Beklagten haben demzufolge keinen einheitlichen Gerichtsstand des Erfüllungsortes.

Lediglich aus der Natur des Schuldverhältnisses kann sich eine abweichende Bewertung ergeben. Dies kann dann der Fall sein, wenn die gegenseitigen Vertragspflichten einen besonderen Bezug zu einem bestimmten (Leistungs-) Ort haben.

So wird vor allem ein einheitlicher Leistungsort bejaht bei Ladengeschäften des täglichen Lebens, bei denen regelmäßig sofort an Ort und Stelle gezahlt wird. Selbiges gilt für einen Bauwerkvertrag, bei dem auch der Besteller eine seiner Hauptpflichten – die Abnahme des Werks – am Ort des Bauwerks zu erfüllen hat. Hier wird das einvernehmliche Interesse beider Vertragsparteien an einer räumlichen Nähe zum Bauwerk angenommen, um insbesondere bei gerichtlichen Auseinandersetzungen über etwaige Mängel am Ort des Bauwerks zu sein.

Auch für einen Energie- oder Wasserlieferungsvertrag ist im Hinblick darauf, dass der Abnehmer am Ort der Abnahme wesentliche Nebenpflichten zu erfüllen hat, ein einheitlicher Leistungsort für alle Vertragspflichten anzunehmen.

Die Vermittlung des Darlehensvertrages durch die Beklagte zu 1) begründet auch keine Niederlassung der Beklagten zu 2) am Ort der Vermittlung. Für einen Gerichtsstand nach § 21 ZPO ist erforderlich, dass die Leitung der Niederlassung das Recht hat, aus eigener Entscheidung Geschäfte abzuschließen. Die bloße Vermittlung von Vertragsofferten genügt nicht

Sie haben Fragen oder Anregungen?

Dann kontaktieren Sie uns gerne unter info@ffwkanzlei.de!

Als überörtliche Kanzlei haben wir un­sere Wur­zeln in Berlin und Erlangen. Ein enga­giertes und qualifi­ziertes Team von Anwälten ist speziali­siert auf alle Fra­gen rund um das Wirt­schafts- und Bau­recht.
Fella Fricke Wagner
Fella Fricke Wagner
Copyright © 2024
Fella Fricke Wagner Partnerschaft
WordPress Cookie Plugin von Real Cookie Banner