Rechtsanwaltskanzlei

Exporteinbruch nach Russland

Die deutschen Exporte nach Russland sind im März 2022 infolge des Ukraine-Kriegs und der Sanktionen des Westens drastisch zurückgegangen. Gegenüber Februar 2022 sanken die Exporte um 62,3 % auf 0,9 Milliarden EUR Russland lag damit nur noch auf Rang zwölf der wichtigsten Zielländer für Ausfuhren deutscher Unternehmen. Noch im Februar hatte Russland Rang fünf belegt.

Die Importe aus Russland gingen im selben Zeitraum um 2,4 % auf 6,3 Milliarden EUR zurück

Quelle:  Destatis

I. ENTSCHEIDUNGEN IM ÜBERBLICK

Flächenunterschreitung von mehr als 10 % ist immer ein Mangel

LG Hamburg, Urteil vom 31.3.2022.-.333 S 15/21

Der Kläger nimmt den Vermieter einer Mietwohnung auf Rückerstattung überzahlter Miete wegen Wohnflächenunterschreitung in Anspruch.

Im Mietvertrag war die Wohnfläche mit „ca. 70 m²“ angegeben, die tatsächliche Wohnfläche betrug aber lediglich 59,12 m², womit eine Unterschreitung der Wohnfläche um 15,5 % gegeben war.

Der Vermieter verteidigt sich mit dem Argument, im Mietvertrag sei lediglich eine „ca. Angabe“ vereinbart gewesen, so dass Toleranzen hingenommen werden müssten. Die Tauglichkeit der Wohnung zum vertragsgemäßen Gebrauch müsse dann jedenfalls anhand spezieller Umstände beurteilt werden. Dieser Ansicht des Vermieters schloss sich das Landgericht Hamburg nicht an. Zwar kann aufgrund der „ca.“-Angabe im Mietvertrag nicht von einer zugesicherten Eigenschaft gemäß § 536 Abs. 2 BGB ausgegangen werden, da mit dieser „ca.“-Angabe ein unbedingtes „Einstehenwollen“ des Vermieters für die Größe der Wohnung gerade nicht angenommen werden kann. Allerdings muss von einer Mangelhaftigkeit der Mietsache im Sinne des § 536 Abs.1 BGB ausgegangen werden, weil die tatsächliche Wohnfläche um mehr als 10 % unter der im Mietvertrag angegebenen Fläche liegt. Für diesen Fall bedarf es keiner zusätzlichen Darlegung des Mieters, ob infolge der Flächendifferenz die Tauglichkeit der Wohnung zum vertragsgemäßen Gebrauch gemindert gewesen ist. Die Erheblichkeitsgrenze von 10 % gilt grundsätzlich auch dann, wenn der Mietvertrag zur Größe der Wohnung nur eine „ca.“-Angabe enthält. Der Zusatz „ca.“ lässt zwar erkennen, dass gewisse Toleranzen hingenommen werden sollen. Allerdings ist für diese Toleranzen die Grenze dort zu ziehen, wo die Unerheblichkeit der Tauglichkeitsminderung der Mietsache endet. Im Interesse der Praktikabilität und der Rechtssicherheit ist diese Grenze bei 10 % anzusetzen, eine zusätzliche Toleranz ist dann nicht mehr gerechtfertigt.

II. ENTSCHEIDUNG IM DETAIL

Nachtragsforderung wird durch Abschlagszahlungen nicht anerkannt!

OLG Hamburg, Urteil vom 22.11.2020-8 U 7/20; nachfolgend BGH, Beschluss vom 27.10.2021-VII ZR 11/21 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)

1. Sachverhalt:

Der Auftraggeber (AG) beauftragt den Auftragnehmer (AN) durch Pauschalvertrag mit Parkettlegearbeiten. Diese Arbeiten sollen bis zum 26.03.2015 abgerufen und dann binnen 138 Werktagen abgeschlossen werden. Wegen einer Verzögerung der Vorgewerke kann der AN mit den Parkettarbeiten erst im Februar 2016 beginnen. Er schreibt daraufhin dem AG, dass sich seine Preise um 7,5 % erhöhen. Nachdem der AG einen Kalkulationsnachweis angefordert hatte, legt der AN das Schreiben eines Lieferanten vor, wonach sich die Materialpreise um 7,5 % erhöht hätten. Der AG antwortet nicht auf dieses Schreiben und eine ausdrückliche Einigung über die Preiserhöhung kommt nicht zustande. Im Wege des Nachtrags will der AN nunmehr die Preiserhöhung und damit eine Vergütung in Höhe von 42.000,00 EUR durchsetzen. Er behauptet, er habe zumindest konkludent mit dem AG die neue Vergütung vereinbart, denn der AG habe durch Zahlung der Abschlagsrechnungen seine Bereitschaft erkennen lassen, die Preiserhöhung zu akzeptieren. Die Abschlagsrechnungen hätten ab der zweiten Rechnung bereits die erhöhten Einheitspreise ausgewiesen. Daher sei der AG auch verpflichtet, die erhöhten Preise zu zahlen.

2. Entscheidung:

Das OLG Hamburg entschied, dass der AG die erhöhten Preise nicht zahlen muss und dem AN unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Anspruch auf Zahlung der Preiserhöhung zusteht.

2.1. Zur Begründung führt das Gericht aus, dass der AG durch Zahlung der Abschlagsrechnungen weder einer Vertragsänderung zugestimmt noch eine Preiserhöhung anerkannt hat. Die Bezahlung einer Verbindlichkeit stellt in aller Regel kein Schuldanerkenntnis dar. Eine Vertragsänderung oder ein Anerkenntnis können insbesondere nicht aus Abschlagszahlungen hergeleitet werden. Die abgerechneten Positionen einer Abschlagsrechnung sollen nach Grund und Höhe gerade nicht einem Streit entzogen werden. Weil Abschlagszahlungen nur vorläufigen Charakter haben und über sie noch eine endgültige Abrechnung durch den Auftragnehmer zu erfolgen hat, rechtfertigt ihre Bezahlung nicht die Annahme eines Anerkenntnisses der darin enthaltenen Positionen, insbesondere nicht hinsichtlich der Höhe der geschuldeten Vergütung.

2.2. Ein Anspruch auf Preiserhöhung folgt auch nicht aus § 2 Abs. 5 VOB/B Das Unterlassen eines Leistungsabrufs ist keine rechtsgeschäftliche Anordnung des Auftraggebers. Erforderlich wäre eine rechtsgeschäftliche Erklärung, für deren Wirksamkeit die Regeln einer Willenserklärung gelten. So muss der AG eindeutig zum Ausdruck bringen, dass es sich dabei um eine verpflichtende Vertragserklärung handelt. Allein die Entgegennahme der Mitteilung des AN, es lägen veränderte Umstände vor, rechtfertigt nicht die Annahme einer vertragsändernden Leistungsbestimmung. Notwendig ist vielmehr ein Verhalten des AG, aus dem eine rechtsgeschäftliche Anordnung abzuleiten ist. Dafür muss stets ein echtes, aktives Einwirken des AG auf den Vertrag feststellbar sein. Ein rein passives Verhalten stellt regelmäßig keine einen vertraglichen Mehrvergütungsanspruch auslösende Anordnung im Sinne des § 2 Abs. 5 VOB/B dar.

2.3. Hinzu kommt, dass die Parteien eine Pauschalvergütung vereinbart haben und der AG daher keinen Anlass hatte, die in die Abschlagsrechnung eingesetzten Preise zu überprüfen und mit den der Kalkulation der Pauschalvergütung zugrunde liegenden Angebotspreisen zu vergleichen. Auch war die Preiserhöhung in Relation zum vereinbarten Pauschalpreis nicht als gesondert berechnete Position in den Abschlagsrechnungen ausgewiesen. Sie hätte daher vom Bauherrn nicht „gestrichen“ werden können.

3. Praxistipp:

Das OLG bestätigt hier einmal mehr die Vorläufigkeit von Abschlagszahlungen. Der AG darf Leistungen nachträglich bestreiten, für die er Abschlagszahlungen erbracht hat. Die Vorläufigkeit von Abschlagszahlungen dient den Interessen beider Parteien. Es gelten weniger strenge Anforderungen an die Prüfbarkeit. Der AG muss daher nicht befürchten, durch Zahlung einer Abschlagsrechnung eine Rechtsposition zu verlieren oder ihre Durchsetzung zu erschweren. Für den AN bedeutet dies, dass er sich nicht auf der sicheren Seite wähnen kann, wenn der AG Abschlagszahlungen für Nachträge leistet. Es ist dem AN darüber hinaus anzuraten, den Nachtrags-Sachverhalt ausreichend zu dokumentieren, damit er seine Vergütungsansprüche in einem etwaigen Streit über die Schlussrechnung nachweisen kann. Bei Abschlagszahlungen liegt die Darlegung-und Beweislast beim AN.

4. Hinweis:

Auch wenn durch die Bezahlung einer Abschlagsrechnung die abgerechneten Mengen nicht anerkannt werden, fragt sich, ob unter besonderen Umständen in der Bezahlung von Abschlagsrechnungen doch ein Anerkenntnis der Vergütungspflicht dem Grunde nach liegen kann. Relevant ist dies im Grunde nur bei Nachtragsforderungen, und zwar unter folgendem Aspekt:

Mitunter bestreitet der Auftraggeber, eine zusätzliche Leistung überhaupt angeordnet zu haben. Für auftragslos erbrachte Leistungen erhält der Auftragnehmer aber keine Vergütung, außer der Auftraggeber hätte die Leistungen „nachträglich anerkannt“ oder die Leistungen waren für die Erfüllung des Vertrags notwendig und entsprachen dem mutmaßlichen Willen des Auftraggebers (§ 2 Abs. 8 VOB/B). In den Fällen der fehlenden Anordnung ist regelmäßig unstrittig, dass es sich um eine zusätzliche oder geänderte Leistung handelt, allerdings fehlt eine ausdrückliche Anordnung. In diesem Fall wird überwiegend vertreten, dass die Bezahlung einer Abschlagsrechnung, in der die auftragslos erbrachte Leistung abgerechnet wird, jedenfalls ein „nachträgliches Anerkenntnis“ im Sinne von § 2 Abs.8 VOB/B ist (LG Berlin, Urt. v. 13.8.1999 -100 O 63/97).

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Fella Fricke Wagner
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