Rechtsanwaltskanzlei

Keine Rückforderung eines schwarz gezahlten Vorschusses

I. Wissenswertes zum Arbeitsmarkt in Deutschland

Faktoren wie Region, wirtschaftliche Branchen, Alter, Geschlechterdifferenzen und Krisen beeinflussen die Thematik rund um den Arbeitsmarkt.

Durchschnittliche Arbeitslosenzahl in Deutschland: 2,36 Mio.
Anzahl der Erwerbstätigen in Deutschland: 44,8 Mio.
Durchschnittliche Wochenarbeitszeit in Deutschland: 34,7 Stunden

II. Umfang der Schattenwirtschaft in Deutschland:

Die Schattenwirtschaft, auch bekannt als Schwarzarbeit, umfasst alle wirtschaftlichen Aktivitäten, die dem Staat nicht gemeldet werden und deshalb nicht in das Bruttoinlandsprodukt eingehen.
2020 betrug der Umfang der Schwarzarbeit 339 Mrd. Euro, wobei ein Rückgang auf 326 Mrd. Euro für das Jahr 2022 prognostiziert wird. Ein Anstieg zeichnete sich vor allem in den Jahren der Corona Krise ab. Im Vergleich zu 2019 erhöhte sich der Umfang um ca. 15 Milliarden Euro.

Quelle: www.statista.com

I. Aktuelles


Nach dem Telekommunikationsgesetz hat jede Bürgerin und jeder Bürger einen Rechtsanspruch auf Versorgung mit einem Mindestangebot an Sprachkommunikation, also Telefon, und einem schnellen Internetzugangsdienst für eine angemessene soziale und wirtschaftliche Teilhabe.
Mit Wirkung zum 01.06.2022 ist die Telekommunikationsmindestversorgungsverordnung (TKMW) in Kraft getreten. Die Verordnung definiert entsprechende Mindestvorgaben für das Recht auf Versorgung mit Telekommunikationsdiensten.

Die Download-Geschwindigkeit muss mindestens 10 Megabit pro Sekunde betragen und die Upload-Rate muss bei mindestens 1,7 Megabit pro Sekunde liegen. Die Latenz, also die Reaktionszeit, soll nicht höher als 150 Millisekunden sein.
Bürger*innen, für die kein Mindestangebot verfügbar ist, können sich künftig an die Bundesnetzagentur wenden.
Diese prüft, ob und inwieweit tatsächlich eine Unterversorgung vorliegt. Stellt sie eine solche fest, setzt sie die Telekommunikationsanbieter hiervon in Kenntnis.
Die Unternehmen haben dann einen Monat Zeit, freiwillig eine Versorgung mit dem Mindestangebot anzubieten. Anderenfalls verpflichtet die Bundesnetzagentur eines oder mehrere Unternehmen hierzu.

I. Entscheidungen im Überblick

1. Ein Dauerbrenner: Kündigung per WhatsApp ist und bleibt nichtig!
LAG München, Urt. v. 28.10.2021 – 3 Sa 362/21

Die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses via Social Media Messenger WhatsApp genügt dem gesetzlich normierten Schriftformerfordernis nicht und ist folglich nichtig, so das LAG München in der vorstehend zitierten Entscheidung. Das Arbeitsverhältnis besteht weiterhin fort.

Dem LAG München zufolge werde eine per WhatsApp übermittelte Kündigung den Anforderungen an das Schriftformerfordernis nicht gerecht. Auch eine Ablichtung des Schreibens mit Originalunterschrift sei ungenügend. Die Kündigung müsse dem Arbeitnehmer tatsächlich im Original zugehen.

Der Formmangel sei nur in wenigen Ausnahmefällen von dem Arbeitnehmer hinzunehmen, etwa dann, wenn eine persönliche Übergabe an den Arbeitnehmer nicht möglich sei und der Arbeitgeber den Arbeitnehmer erfolglos zur Adressauskunft aufgefordert habe.

Anderenfalls bleibt es bei den gesetzlich normierten Voraussetzungen:

Unser Praxistipp:Zur Vermeidung etwaiger Unannehmlichkeiten ist eine Kündigung im Original auszufertigen, ordnungsgemäß zu unterzeichnen und auf einem zuverlässigen Übermittlungsweg zuzustellen.

2. Ein Bauunternehmer haftet nicht bei Nachbarschäden!
OLG Braunschweig, Beschl. v. 03.02.2021 – 8 U 67/20

Ein Bauunternehmer beschädigte im Zuge der Durchführung von Gründungsarbeiten das Nachbarhaus. Der geschädigte Nachbar nahm daraufhin den Grundstückseigentümer und den Bauherrn für die entstandenen Schäden gesamtschuldnerisch in Anspruch. Erstinstanzlich hatte der Nachbar mit seiner Klage Erfolg.

Gegen die Entscheidung legte der Bauunternehmer das Rechtsmittel der Berufung ein.

Im Ergebnis mit Erfolg! In der zweiten Instanz entschied das Berufungsgericht zugunsten des Bauunternehmers, da es sich bei einem Vertrag über die Ausführung von Gründungsarbeiten zwischen einem Grundstückseigentümer und einem Bauunternehmer nicht um einen Vertrag mit Schutzwirkung zu Gunsten eines Dritten – wie in diesem Fall dem Nachbarn – handele.

Dem Berufungsgericht zufolge darf sich ein Bauunternehmer grundsätzlich auf die Richtigkeit der ihm überlassenen Pläne und den Vorgaben eines Fachplaners verlassen, solange er keinen Anhalt für die Fehlerhaftigkeit der Planung habe. In dem vom Oberlandesgericht Braunschweig zu entscheidenden Sachverhalt wurde der Bauunternehmer mit der Unterfangung des Fundaments der Giebelwand nach Anweisungen des Architekten beauftragt. Diese erwiesen sich im Rahmen der Sachverhaltsaufklärung als fehlerhaft. Es sei, so das Oberlandesgericht, deshalb nicht die Aufgabe des Bauunternehmers, die Planung des Architekten im Hinblick auf eine mögliche Gefährdung der Standsicherheit des Nachbargebäudes auf Vollständigkeit und Richtigkeit zu überprüfen. Es sei allgemein anerkannt, dass die Durchführung der statischen Berechnungen sowie die Untersuchung des Baugrundes grundsätzlich nicht in dem Verantwortungsbereich des Bauunternehmers anzusiedeln seien, sondern dem Bereich der Planung angehören und damit dem Architekten bzw. dem Statiker obliegen.

Anders dagegen bei sogenannten Spartenschäden (Anm: jedwede Schäden an erdverlegten Leitungen (e.g. durch Abreißen, Anbohren, Abquetschungen):

In derartigen Konstellationen kann sich der Tiefbauunternehmer dem geschädigten Dritten gegenüber nicht damit entlasten, dass die vom Planer oder Versorgungsträger gemachten Angaben unvollständig oder gar falsch gewesen seien. Die Rechtsprechung stellt diesbezüglich äußerst hohe Hürden was die Vermeidbarkeit derartige Schäden betrifft, so dass grundsätzlich das ausführende Tiefbauunternehmen bzw. dessen Versicherer hinsichtlich des entstandenen Schadens einstandspflichtig ist.

Unser Praxistipp:Vorsicht ist besser als Nachsicht. Es ist von immenser Bedeutung darauf zu achten, mit welcher konkreten Leistung ein Bauunternehmer beauftragt worden ist. Werden Fehler in der Planung festgestellt, sind diese dem Bauherrn unbedingt mitzuteilen, da andernfalls eine (Mit-)Haftung droht.

II. Entscheidung im Detail

Der „schwarz“ gezahlte Vorschuss aufgrund einer noch künftig zu erbringenden Leistung kann nicht zurückgefordert werden!
OLG Stuttgart, Urt. v. 22.02.2022 – 12 U 190/21

1. Sachverhalt

Der Kläger beauftragte den Beklagten über mehrere Jahre hinweg mit der Ausführung von einfachen Gartenarbeiten. Dabei trafen die Parteien weder eine spezifische Absprache über die Leistungspflichten noch wurde die Tätigkeit dem Finanzamt gemeldet. Der Beklagte arbeitete ein knappes Jahr ohne Entlohnung. Währenddessen berichtete der Beklagte dem Kläger von seinen Schulden und erhielt sodann eine Zahlung in Höhe von 50.000 € für bereits verrichtete sowie für künftige Arbeiten. Über den übergebenen Betrag wurde weder eine Rechnung ausgestellt noch der Empfang quittiert. Eine Meldung an das zuständige Finanzamt erfolgte ebenfalls nicht. Der Beklagte stellte seine Arbeiten ein, woraufhin der Kläger den vollen Betrag zurückverlangte.

2. Entscheidung

Ohne Erfolg! Das OLG weist die Klage ab und schließt sich damit der Rechtsprechung des BGH an.

Da der Kläger für den Großteil seiner Vorschusszahlung nach Beendigung der Tätigkeit keine Gegenleistung mehr erhalten habe, sei zwar grundsätzlich ein bereicherungsrechtlicher Rückforderungsanspruch hinsichtlich des in den 50.000 € enthaltenen Vorschusses nach § 812 I 1 Alt. 1 BGB entstanden, so das OLG. Diesem stünde jedoch die Vorschrift des § 817 S. 2 BGB entgegen.

§ 817 BGB regelt:

1 War der Zweck einer Leistung in der Art bestimmt, dass der Empfänger durch die Annahme gegen ein gesetzliches Verbot oder die guten Sitten verstoßen hat, so ist der Empfänger zur Herausgabe verpflichtet. 2 Die Rückforderung ist ausgeschlossen, wenn dem Leistenden gleichfalls ein solcher Verstoß zur Last fällt, es sei denn, dass die Leistung in der Eingehung einer Verbindlichkeit bestand; das zur Erfüllung einer solchen Verbindlichkeit Geleistete kann nicht zurückgefordert werden.“

Was juristisch zunächst kompliziert klingt, lässt sich folgendermaßen auflösen:

Die Nichtanzeige beim Finanzamt und die fehlende Rechnung stellen einen Verstoß gegen das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz (SchwarzArbG) dar.

Der Grund für den Ausschluss der Rückforderung sei in der hohen Priorität des SchwarzArbG anzusiedeln. Der BGH (Urteil vom 10. April 2014 – VII ZR 241/13) hat diesbezüglich in einem ähnlich gelagerten Fall deutlich gemacht, dass die Praktikabilität des SchwarzArbG Vorrang vor individuellen Lösungen genieße.

Das LG Hechingen entschied noch in der Vorinstanz, dass der Anspruch nur hinsichtlich der Höhe der bereits erbrachten Leistung abzulehnen sei. Es gebe keinen Rechtsgrund, weshalb der Beklagte den ihm von dem Kläger übergebenen Betrag in voller Höhe behalten dürfe.

Allerdings würde die Rechtsprechung mit dieser Entscheidung einen Anreiz zur Schwarzarbeit schaffen. Derjenige, der sich freiwillig gegen das Recht entscheidet, soll sich im Nachhinein mit dem Recht nicht reinwaschen. Diese Handhabung beruht auf dem Gedanken, dass im Rahmen der „Schwarzarbeit“ sowohl der Besteller als auch der Unternehmer bewusst gegen die Rechtsordnung verstoßen und somit keine der Parteien als schützenswert zu erachten ist.

Das Ziel der effektiven Bekämpfung der Schwarzarbeit vermag nur die harte Lösung des „Alles oder Nichts Prinzips“ zu ermöglichen. Der Ausschluss eines bereicherungsrechtlichen Anspruchs ist aufgrund der abschreckenden Wirkung ein geeignetes Mittel. Demnach bleibt die Rückforderung im Rahmen der Schwarzgeldabrede ausgeschlossen.

Unser Praxistipp ist daher recht simpel: Seien Sie, liebe Leser, auf der Hut.
Die obergerichtliche Rechtsprechung verfolgt hier eine stringente und harte Linie.
So hat beispielsweise das OLG Düsseldorf in seiner Entscheidung vom 21.02.2020 (Az.: 21 U 34/19) explizit darauf hingewiesen, dass ein Verstoß gegen das SchwarzArbG und die damit verbundene Nichtigkeit eines Bau- oder Werkvertrags von einem Zivilgericht von Amts wegen auch dann festgestellt werden könne, wenn die Parteien des Rechtsstreits das Vorliegen einer Schwarzgeldabrede unisono in Abrede stellen.

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