Baugenehmigungen im Zeitraum Januar bis September 2023:
-38,4 % zum Vorjahreszeitraum bei Einfamilienhäusern
-51,9 % zum Vorjahreszeitraum bei Zweifamilienhäusern
-27,2 % zum Vorjahreszeitraum bei MehrfamilienhäusernVon Januar bis September 2023 sank die Zahl der Baugenehmigungen für Wohnungen gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 28,3 %. Dies entspricht einem Rückgang um 76.900 auf 195.100 Wohnungen.
In neu zu errichtenden Wohngebäuden wurden von Januar bis September 2023 insgesamt 160.400 Wohnungen genehmigt. Das waren 31,7 % oder 74.500 Wohnungen weniger als im Vorjahreszeitraum. Dabei ging die Zahl der Baugenehmigungen für Einfamilienhäuser um über ein Drittel (-38,4 % beziehungsweise -23.600 Wohnungen) auf 37.900 zurück. Bei den Zweifamilienhäusern hat sich die Zahl genehmigter Wohnungen sogar mehr als halbiert (-51,9 % beziehungsweise -12.000) auf 11.100. Auch bei der Gebäudeart mit den insgesamt meisten Wohnungen, den Mehrfamilienhäusern, verringerte sich die Zahl der genehmigten Wohnungen deutlich und zwar um mehr als ein Viertel (-27,2 % beziehungsweise -39.300) auf 105.200. Nur die Wohnheime konnten durch einen Anstieg auf 6.200 neu errichtete Wohnungen ein positives Ergebnis verzeichnen (+8,4 % beziehungsweise +500).
Quelle: Statistisches Bundesamt (Destatis), 2023
Zu der anhaltenden Baumisere in Deutschland dürften neben anderen Faktoren die hohen Baukosten beigetragen haben.
Die Preise für Baumaterialen bleiben auch im 1. Halbjahr 2023 auf einem hohen Niveau. Als Folge der Energiekrise sind vor allem Baumaterialien betroffen, deren Herstellung vergleichsweise energieintensiv ist.
So haben sich mineralische Baustoffe gegenüber dem Vorjahreshalbjahr deutlich verteuert. Nach Angaben des statistischen Bundesamtes haben Zement (+41,7 %), Kalk und gebrannter Gips (+39,7 %) und Frischbeton (+27,7 %) besonders hohe Preissteigerungen verzeichnet.
Bei den Baumaterialen aus Metall zeigt sich ein durchwachsenes Bild: Betonstahl in Stäben kostete 28,5 % und Betonstahlmatten 27,1 % weniger als im 1. Halbjahr 2022. Dagegen verteuerten sich Stabstahl ohne Betonstahl (+11,5 %) und Stahlrohre (+6,3 %) im gleichen Zeitraum.
Demgegenüber gab es bei Baumaterialien aus Holz, für deren Herstellung weniger Energie verbraucht wird, deutliche Preisrückgänge: Konstruktionsvollholz (-28,0 %) und Dachlatten (-25,3 %) verbilligten sich im 1. Halbjahr 2023 gegenüber dem Vorjahreshalbjahr. Auch die Preise für Bauholz gingen zurück – um 18,6 %.
Mit Blick auf die Preisentwicklung seit dem Einsetzen der Energiekrise, ist jedoch die Tendenz zu beobachten, dass trotz der teilweise sinkenden Preise für einzelne Baustoffe das Preisniveau im 1. Halbjahr 2023 für nahezu alle Baumaterialien deutlich über dem Niveau im 1. Halbjahr 2021, vor der Energiekrise, lag.
1.
Hat der Besteller objektiv ein berechtigtes Interesse an einer ordnungsgemäßen Erfüllung des Vertrags, kann ihm der Unternehmer regelmäßig die Nachbesserung wegen hoher Kosten der Mängelbeseitigung nicht verweigern. Dies selbst, wenn die Kosten der Mängelbeseitigung die Auftragssumme übersteigen.
Die Parteien haben einen Werkvertrag über die Reparatur von Sicherungsventilen einer Kälteanlage geschlossen. Wegen mangelhafter Abdichtung kam es zu einem Kältemittelverlust. Der Besteller forderte den Unternehmer zur Mängelbeseitigung auf. Der Unternehmer verweigerte diese mit der Begründung, die Kosten hierfür lägen über der Auftragssumme. Der Aufwand sei daher unverhältnismäßig hoch.
Mit Erfolg! Der Unternehmer durfte die Nacherfüllung nicht gemäß § 637 Abs. 1 letzter Halbsatz BGB verweigern. Zwar kann nach dieser Vorschrift der Unternehmer die Nacherfüllung verweigern, wenn sie einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordert. Unverhältnismäßigkeit in diesem Sinne ist in aller Regel jedoch nur dann anzunehmen, wenn einem objektiv geringen Interesse des Bestellers an einer mangelfreien Vertragsleistung ein ganz erheblicher und deshalb vergleichsweise unangemessener Aufwand seitens des Unternehmers gegenübersteht. Hat der Besteller jedoch objektiv ein berechtigtes Interesse an einer ordnungsgemäßen Erfüllung des Vertrages, kann ihm der Unternehmer regelmäßig die Nachbesserung wegen hoher Kosten der Mängelbeseitigung nicht verweigern.
Im vorliegenden Fall hat das Gericht die Voraussetzungen für nicht gegeben gehalten.
Zwar übersteigen die Kosten der Mangelbeseitigung in Höhe von 6.704,50 EUR netto, die Auftragssumme in Höhe von 6.100,00 EUR netto. In der gebotenen Einzelfallbetrachtung soll nach Ansicht des OLG Jena jedoch das Interesse des Bestellers an der ordnungsgemäßen Erfüllung überwiegen. Dies deshalb, weil der durch die Mängelbeseitigung wiederherzustellenden Funktionsfähigkeit der Klimaanlage für die Funktion und Betrieb der gesamten Immobilie des klagenden Bestellers eine wesentliche Bedeutung zukomme, sich somit die Reparatur der Klimaanlage auf die Funktionsfähigkeit der gesamten Anlage auswirke und diese weitaus werthaltiger sei. Damit sei das Interesse des klagenden Bestellers an der Mangelbeseitigung objektiv berechtigt.
(OLG Jena, Urteil v. 11.7.2023, 7 U 328/20)
2.
Kein Räumungsanspruch beim Ausbleiben von Spendengeldern des Vermieters an den Mieter zur Erfüllung der vereinbarten Mietzahlung.
Eine Vereinbarung, bei der die Vermieterin der Mieterin aus steuerlichen Gründen eine Spende in Höhe der vereinbarten Miete verspricht, stellt eine verdeckte Vereinbarung über Höhe und Fälligkeit der Mietzahlungen dar. Im Falle der Einstellung der Spendenzahlungen durch die Vermieterin gerät die Mieterin nicht in Zahlungsverzug. So hat das OLG Frankfurt am Main auf die Berufung der auf Räumung und Zahlung beklagten Mieterin entschieden.
Die beklagte Mieterin ist eine gemeinnützige Stiftung, die in der Immobilie der Vermieterin ein Museum betreibt. Sie hatte sich mit der Vorgängerin der Vermieterin darauf geeinigt, dass die Vermieterin jährlich eine Spende in Höhe der vereinbarten Jahresmiete an die Mieterin zahlt. Damit sollte die Zahlung nach § 10b Einkommensteuergesetz steuerbegünstigt sein. Aus den Spendengeldern wollte die Stiftung, die sonst über kein nennenswertes Vermögen verfügt, die Miete bezahlen.
2020 wurde das Gebäude an eine Immobiliengesellschaft verkauft. Bei dem Kauf vereinbarten die Kaufvertragsparteien auch die Übernahme der Spendenverpflichtung durch die neue Vermieterin. Die neue Vermieterin stellte die Spendenzahlungen dann aber ein, wodurch die Mieterin die Miete nicht mehr bezahlen konnten. Schließlich kündigte die Vermieterin und klagte auf Räumung und Zahlung rückständiger Miete.
Auf die Berufung der Mieterin hat das OLG Frankfurt die Klage abgewiesen. Die Stiftung sei nämlich mit den Mieten nicht in Verzug geraten. Die zwischen der ursprünglichen Vermieterin und der Mieterin getroffene Spendenvereinbarung stelle eine mietrechtliche Abrede über Höhe und Fälligkeit der Miete dar; sie stehe entgegen der landgerichtlichen Annahme nicht allein im wirtschaftlichen Zusammenhang zu dem Mietvertrag. Damit sei diese Vereinbarung auf den neuen Käufer der vermieteten Räumlichkeiten übergegangen und binde ihn („Kauf bricht nicht Miete“).
Mit der als Spende deklarierten Zahlung sei die zunächst vereinnahmte Miete zurückgezahlt und damit die tatsächlich vereinbarte Miete um die Höhe der Spendenvereinbarung reduziert worden. Die Parteien hätten sich auf diese Weise die Gemeinnützigkeit der Beklagten zunutze gemacht, „indem der tatsächlich nicht verlangte Mietanteil über die Deklaration als Spende einer steuerlichen Privilegierung zugeführt werden konnte“, vertieft das OLG. Durch die Zahlung der Jahresspende schuldete die Beklagte faktisch gar keine Miete.
Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Mit der Nichtzulassungsbeschwerde kann die Klägerin die Zulassung der Revision beim BGH begehren.
(OLG Frankfurt, Urt. v. 7.11.2023 – 2 U 115/22)
Abgrenzung § 2 Abs. 3 zu § 2 Abs. 8 VOB/B bei Mengenmehrungen.
Im VOB/B-Bauvertrag ist eine auftragslos ausgeführte Leistung dem Auftraggeber unverzüglich anzuzeigen. Die Anzeige an den bauüberwachenden Architekten reicht grundsätzlich nicht aus.
Die Prüfung einer Abschlags- oder Schlussrechnung durch den bauleitenden Architekten stellt kein nachträgliches Anerkenntnis einer auftragslos erbrachten Leistung dar. Auch kann ein solches Anerkenntnis nicht darin gesehen werden, dass sich der Auftraggeber mit dem in veränderter Weise hergestellten Werk abfindet.
(OLG Köln – Az: 19 U 56/20 – Urteil vom 16.04.2021)
1. Sachverhalt:
Im Rahmen eines VOB/B-Bauvertrags über die Errichtung eines Helikopterdachlandeplatzes machte der klagende Auftraggeber (AG) gegen den Auftragnehmer (AN) Ansprüche auf Erstattung von seiner Ansicht nach zu viel geleisteten Abschlagszahlungen geltend.
Der AG hat berechnete Mengenmehrungen bestritten und hierzu die Ansicht vertreten, es sei eine Anpassung der Einheitspreise auf Basis der Urkalkulation nach § 2 Abs. 3 VOB/B vorzunehmen gewesen. Insbesondere habe der AN entgegen der Planung und ohne Notwendigkeit kleinere Stahlträger verwendet und diese sodann nicht verschweißt, sondern mittels massenaufwendigerer Schraubverbindungen zusammengefügt, wodurch sich der Arbeitsaufwand verringert habe.
Der AN hat vorgetragen, er habe die Stahlmassen korrekt entsprechend dem Stahlgewicht abgerechnet. Die Mengen seien tatsächlich ausgeführt worden, sie seien erforderlich gewesen und zutreffend abgerechnet worden. Die gewählte Ausführung mit Schraubverbindungen sei technisch üblich, die Errichtung sei auch nicht anders zu bewerkstelligen. Die Pläne des AG hätten ihm (dem AN) insoweit keine Vorgaben gemacht. Vielmehr sei Aufgabe des AN gewesen, Werkdetailplanungen zu erstellen und mit tragwerkplanerischer Berechnung dem Prüfingenieur vorzulegen, wie es auch geschehen sei.
Das Landgericht hat die Klage (teilweise) abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, es habe in den Ausschreibungsunterlagen keine Vorgaben hinsichtlich der Ausführung der Konstruktion des Stahlbaus gegeben, weshalb es dem AN freigestanden habe, wo und in welcher Form er Schraubverbindungen der Stahlbaukonstruktion ausführe. Dass der AN überwiegend Schraubstoßverbindungen ausgeführt habe, habe zu einer Erhöhung der in der Ausschreibung enthaltenen Mengenvordersätze geführt, sei aber üblich und entspreche den Regeln der Technik, wobei sich das Landgericht insoweit auf die Angaben des im Prozess eingeholten Sachverständigengutachtens gestützt hat. Der AN habe Mehrmengen nach Einheitspreisen berechnen dürfen und sei nicht gehalten gewesen, nach § 2 Abs. 3 VOB/B den Einheitspreis auf Basis der Urkalkulation anzupassen. Vielmehr sei es Sache des AG gewesen, zusammen mit einem entsprechenden Anpassungsverlangen eine Neuberechnung vorzulegen.
Hiergegen hat der AG Berufung eingelegt, mit der er gerügt hat, die Ansicht des Sachverständigen, bei den zum Vertrag gehörenden Plänen habe es sich nur um Empfehlungen gehandelt, sei nicht haltbar. Der Sachverständige habe zwar bestätigt, es liege eine Abweichung zwischen Planunterlagen und gewählter Ausführungsart vor. Die Frage, welche Unterlagen Vertragsgegenstand wurden, sei jedoch eine Rechtsfrage. Die Planunterlagen seien keine Empfehlungen, sondern verbindlich gewesen. Der AN habe das Leistungssoll aus den Plänen ermitteln müssen. Eine etwaige Planfreigabe begründe keine Abweichung vom vertraglichen Bau-Soll. Der AN sei vom Bau-Soll abgewichen, indem er eine höhere Anzahl von Schraubverbindungen vorgenommen habe, wodurch er sich das Schweißen der Verbindungsstellen erspart habe.
2. Entscheidung:
Das OLG Köln hat das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Sache an das Landgericht zurückzuverweisen.
Entgegen der vom Landgericht getroffenen Wertung geht das OLG davon aus, dass der Planung nicht lediglich die Bedeutung einer Empfehlung zukommt, welche der AN nicht unbedingt hätte beachten müssen, weil die einschlägige DIN ihm auch die von ihm gewählte Variante erlaubt habe, welche zudem als üblich und den anerkannten Regeln der Technik entsprechend zu bewerten sei. Im Rahmen der gebotenen, am objektivierten Empfängerhorizont orientierten Auslegung (§§ 133, 157 BGB) ist zu berücksichtigen, dass im Leistungsverzeichnis Massenschätzungen angegeben wurden, die auf der Grundlage der Massenermittlungen der mit der Tragwerksplanung beauftragten Ingenieure beruhten.
Das Gericht ist der Ansicht des AG gefolgt, wonach der AN bei der Erstellung der Werkdetailplanung keine freie Hand bei der Bestimmung der Mengen gehabt habe. Vielmehr habe er (der AN) die Mengen aus der beim Vertragsschluss vorliegenden Planung ermitteln müssen. Kommt er im Zuge der Detailplanung zu Materialmengen, die bedeutend größer sind als diejenigen, die auf Grundlage der Tragwerksplanung als Massenschätzung im Leistungsverzeichnis angegeben wurden, muss ihm bewusst werden, dass er hier etwas anderes plante, als die im Leistungsverzeichnis nebst Plänen angenommene Ausführungsvariante, er also Vorstellungen zur Herstellung des beauftragten Gewerks und des hierzu erforderlichen Materials entwickelt hatte, die sich von den im Rahmen des Vertragsschlusses zugrunde gelegten Annahmen unterschieden.
Die Abweichung ist daher nicht als bloße Mehrmenge nach § 2 Abs. 3 VOB/B zu bewerten, sondern als eigenmächtige Änderung nach § 2 Abs. 8 Nr. 1 VOB/B. Eine Vergütung kommt daher nur in Betracht, wenn das Planziel nur über die von dem AN gewählte Ausführungsvariante realisierbar war – dies behauptet der AN und wird vom AG bestritten. Hierüber wird vor dem Landgericht Beweis erhoben werden müssen.
Darüber hinaus hat das OLG eine im Falle der eigenmächtigen Änderung erforderlich gewordene Anzeige nach § 2 Abs. 8 Nr. 2 S. 2 VOB/B durch Übersendung der Detailplanung an den vom AG beauftragten Architekten verneint. Die Anzeige an den Architekten reiche grundsätzlich nicht aus. Vielmehr müsse die Abweichung dem AG angezeigt werden.
Ebenfalls könne von einem nachträglichen Anerkenntnis nach § 2 Abs. 8 Nr. 2 S.1 VOB/B nicht ausgegangen werden. Insbesondere könne ein solches nicht bereits in der Prüfung der Rechnung durch den bauleitenden Architekten gesehen werden. Auch das bloße Bestehenlassen des in veränderter Weise hergestellten Gewerks könne nicht ohne weiteres als Anerkenntnis bewertet werden.
3. Fazit und Praxistipp:
Das OLG grenzt in dieser Entscheidung die bloße Mengenmehrung nach § 2 Abs. 3 VOB/B von der eigenmächtigen Änderung nach § 2 Abs. 8 Nr. 1 S. 1 VOB/B nach dem Kriterium ab, ob die von dem Auftragnehmer ermittelten Mengen noch als von der Vorstellung des ausschreibenden Auftraggebers getragen angesehen werden können. Seine Mengenvorstellung konkretisiert der Auftraggeber durch Übergabe von Plänen und Angabe von Mengenschätzungen im Leistungsverzeichnis. Die Entscheidung verdeutlicht einmal mehr, welch tragende Rolle der Auslegung des Vertragsinhalts, also der Ermittlung des tatsächlichen Erklärungswillen der Parteien bei Vertragsschluss zukommt.
Dies steht im Einklang mit der herrschenden Ansicht, wonach eine Mengenabweichung, die auf einer Planänderung beruht, nicht der Regelung des § 2 Abs. 3 VOB/B unterfällt.
Zudem präzisiert das Gericht die Anforderungen an die Anzeige der eigenmächtigen Änderung nach § 2 Abs. 8 Nr. 2 S. 2 VOB/B sowie an das nachträgliche Anerkenntnis im Sinne des § 2 Abs. 8 Nr. 2 S. 1 VOB/B. In beiden Fällen ist die Mitwirkung des Auftraggebers selbst (oder eines entsprechend bevollmächtigten Vertreters) erforderlich.
Die unverzügliche Anzeige ist im Rahmen des § 2 Abs. 8 Nr. 2 S. 2 VOB/B grundsätzlich unverzichtbare Voraussetzung für den Anspruch auf Vergütung einer auftragslos erbrachten, aber technisch notwendigen (Zusatz-)Leistung. Die Anzeigepflicht dient dazu, den Auftraggeber über drohende Kostenerhöhungen zu informieren, damit dieser sich darauf einstellen und entsprechend (um-)disponieren kann. Wenn und soweit sie im konkreten Fall für den Schutz des Auftraggebers entbehrlich und ohne Funktion ist, steht dem Auftragnehmer trotz unterlassener Anzeige ein Vergütungsanspruch zu. Das ist z. B. der Fall, wenn der Auftraggeber nach Lage der Dinge keine Alternative zur sofortigen Ausführung der Leistung durch den Auftragnehmer gehabt hätte.
Eine Vergütung kann der Auftragnehmer trotz unterlassener Anzeige auch nach den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag nach § 2 Abs. 8 Nr. 3 VOB/B in Verbindung mit §§ 677 ff. BGB beanspruchen. Die herrschende Meinung versteht diese Regelung im Ergebnis dahingehend, dass auftragslos erbrachte und dem Auftraggeber nicht angezeigte Leistungen auch dann (ortsüblich) zu vergüten sind, wenn ihre Ausführung technisch zwingend notwendig war.