Rechtsanwaltskanzlei

Neue Risiken für Wohnungseigentümer

Lebenserhaltungskosten im weltweiten Vergleich (2021)

Quelle: Statistisches Bundesamt (Destatis), 2024

I. Lebenshaltungskosten aus der Sicht ausländischer Fachkräfte

Die Lebenshaltungskosten von ausländischen Fach- und Arbeitskräften sind in den meisten Herkunftsstaaten niedriger als in Deutschland.
Besonders drastisch ist der Unterschied zu Ägypten und Indien, wo die Lebenshaltungskosten, gemessen an den Kaufkraftparitäten (KKP) 67% niedriger und im ausgewählten weltweiten Vergleich sogar am geringsten sind.

Auch in Georgien, Vietnam und Tunesien lebte es sich 60% preisgünstiger als in Deutschland.
Ein erleichterter Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt ergibt sich zudem für die Staatsangehörigen der Westbalkan-Staaten, in denen die Lebenshaltungskosten lediglich halb so hoch (-39 bis -50%) sind, wie in Deutschland.
Setzt man die Lebenshaltungskosten (2022/2023) allerdings in Vergleich zu dem durchschnittlichen Monatseinkommen, steht Deutschland bei einem durchschnittlichen Monatseinkommen von 4.276 EUR und einem Kostenindex sowie Kaufkraftindex von jeweils 100 in einer weltweiten Betrachtung deutlich besser da. Der Kaufkraftindex von z.B. Indien beträgt dann nur noch 12,7, der von Vietnam 17,6, der von Tunesien 19,9, der von Ägypten 24,7, der von Russland 44,8, der der Türkei 51,3, der von Spanien 67,3 und der von Frankreich 82,7. Vor Deutschland stehen dann nur noch wenige Länder, so z.B. die Arabischen Emirate (104,2), Hongkong (105,9). Die Spitzenreiter sind Norwegen (133,6), Singapur (132,8), Luxemburg (131,5) und die Schweiz (110,7) (Quelle: www.laenderdaten.info/lebenshaltungskosten).
Fazit: Zwar ist Deutschland für viele ausländische Fach- und Arbeitskräfte deutlich teurer als ihre Herkunftsländer, wird jedoch ein hiesiges zumindest durchschnittliches Einkommen erzielt ist die Kaufkraft um ein Mehrfaches höher. Die Schweiz und Luxemburg werden uns aber auf dem Fachkräftemarkt weiter das Leben schwer machen.

II. AKTUELLES
Bundestag beschließt die Änderung des Bundesimmissionsschutzgesetzes (BImSchG)

Am 06.06.2024 wurde das Gesetz zur Verbesserung des Klimaschutzes, zur Beschleunigung des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens und zur Umsetzung von EU-Recht beschlossen.

Hierin wird das Klima erstmals ausdrücklich als Schutzgut in das BImSchG aufgenommen, was der Unterstützung der Energiewende hin auf eine stärkere klimaschutzrechtliche Regulierung dienen soll. Mit der nachhaltigen Beschleunigung des Ausbaus und der Entbürokratisierung von Genehmigungsverfahren profitieren insbesondere Windenergieanlagen an Land und Industrieanlagen davon.

1. Bisherige Handhabe
Bisher bedarf es zur Errichtung eines Windparks starker Nerven und Unmengen an Papier und Aktenordnern. Nicht selten beauftragten Antragsteller Transportfirmen, um ihre Anträge mitsamt aller notwendiger umweltbezogener Gutachten bei der Behörde vorzulegen.
Kam es im laufenden Verfahren zur Verzögerung, bedurfte es oftmals der erneuten Durchführung des gesamten Prozesses und der Weg zum Bau einer Windenergieanlage begann von vorn.

2. Wesentliche Inhalte
Damit soll nun Schluss sein. Die Änderung des BImSchG soll zum einen wertvolle Zeit für die klimagerechte Modernisierung Deutschlands sparen, in dem es zur schnelleren Errichtung von Erneuerbare-Energie-Anlagen beiträgt, zum anderen den Schutzstandard für Mensch und Umwelt aufrechterhalten.

    Beginn und Dauer der Genehmigungsfristen werden klarer und zuverlässiger geregelt
    Wo die Genehmigungsfrist bislang unbeschränkt verlängert werden konnte, wird dies künftig nur einmalig für 3 Monate und darüber hinaus nur mit Zustimmung des Antragstellers möglich sein. Neben einer Definition zur Vollständigkeit der Vertragsunterlagen wird der Verhinderung der Fristbeginns durch wiederholtes Nachfordern entgegengewirkt. Zuletzt soll es die Möglichkeit der Nachreichung von Unterlagen geben, die für das Genehmigungsverfahren nicht unmittelbar relevant sind.

    Vereinfachung des Verfahrens zum vorzeitigen Baubeginn
    Mit der Änderung des BImSchG entfällt künftig das Erfordernis der Prognoseentscheidung bei Änderungsgenehmigungen als auch der Genehmigung von Anlagen auf bestehenden Standorten, sofern keine anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen.

    Ausweitung der Fakultativstellung des Erörterungstermins
    Bei Windenergieanlagen und Anlagen zur Elektrolyse für die Wasserstoffgewinnung aus erneuerbaren Energien kommt es zum Verzicht eines Erörterungstermins. Für alle anderen Anlagen findet ein Erörterungstermin nur statt, wenn der Vorhabenträger dies beantragt oder die Behörde dies im Einzelfall entscheidet.
    Kommt es zur Beanstandung eines Erörterungstermins, muss dieser innerhalb von 4 Wochen festgelegt werden.

    Entlastung der Behörden durch Stärkung der Rolle des Projektmanagers
    Die Einsetzung eines Projektmanagers ist dies in Zukunft ein „Soll“. Darüber hinaus wird die Stichtagsregelung bei Behördenbeteiligung (§ 10 Abs. 5 BImSchG) auf Anlagen zu Herstellung von Wasserstoff aus erneuerbaren Energien ausgeweitet. Die Digitalisierung wird durch Maßnahmen wie dem elektronischen Antrag verbessert. Die Anforderungen an die Abwärmenutzung für alle Anlagen können durch Verordnung festgelegt werden und so die kommunalen Wärmenetze fördern. Daneben wird ein effizienteres Rechtsschutzverfahren, anhand von Fristenregelungen und klaren Rechtsfolgen, ermöglicht, sodass künftig eine möglichst verlässliche Risikoabschätzung möglich ist.

    3. Fazit
    Insgesamt kommt es mit der Änderung des BImSchG zu einer umfangreichen Digitalisierung und Beschleunigung von umweltrechtlichen Regelungen, die die zukünftige Zulassung und Betreibung von erneuerbaren Energien-Anlagen revolutionieren wird.

      III. Neues aus der Rechtsprechung

      Die Wohnungseigentümergemeinschaft kann die Kosten einer Maßnahme zum Gemeinschaftseigentum einzelnen Eigentümern auferlegen

      Der Fall: Der Kläger ist Mitglied der beklagten Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE) und Eigentümer einer Wohnung im Dachgeschoss. In einer Eigentümerversammlung im August 2021 beschlossen die Wohnungseigentümer, die defekten Dachflächenfenster im Bereich des Sondereigentums des Klägers auszutauschen und dazu eine Fachfirma zu beauftragen, wobei die Kosten der Arbeiten durch den Kläger finanziert werden sollten. Seine Anfechtungsklage, mit der er den Beschluss zur Kostenverteilung aufheben lassen wollte, blieb in allen Instanzen erfolglos.
      Die Entscheidung: Der BGH führt zur Begründung seiner o.g. Entscheidung (BGH 22.03.2024, V ZR 87/23) aus:

      1. Die Beschlusskompetenz für die Verteilung der Erhaltungskosten für die Dachflächenfenster folgt aus § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG. Diese Vorschrift begründet die Kompetenz der Wohnungseigentümer, für einzelne Kosten oder bestimmte Arten von Kosten der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer eine von dem gesetzlichen Verteilungsschlüssel oder von einer Vereinbarung abweichende Verteilung zu beschließen. Das gilt auch dann, wenn dadurch der Kreis der Kostenschuldner verändert wird, indem Wohnungseigentümer von der Kostentragung gänzlich befreit oder umgekehrt erstmals mit Kosten belastet werden. Dass hier aufgrund der beschlossenen Kostenverteilung nur der Kläger die Instandsetzungskosten der allein in dem Bereich seines Sondereigentums befindlichen Fenster zu tragen hat und die übrigen Wohnungseigentümer abweichend von § 16 Abs. 2 Satz 1 WEG von der Kostentragung befreit sind, steht daher der Beschlusskompetenz nicht entgegen.

      2. Von der Beschlusskompetenz zu trennen ist die Frage, ob der auf der Grundlage von § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG gefasste Beschluss der Wohnungseigentümer ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht. Dies ist zu bejahen.

      a) Den Wohnungseigentümern ist bei Änderungen des Umlageschlüssels aufgrund des Selbstorganisationsrechts der Gemeinschaft ein weiter Gestaltungsspielraum eingeräumt. Der Beschluss über eine Kostenverteilung muss lediglich ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen. Beschließen die Wohnungseigentümer für einzelne Kosten oder bestimmte Arten von Kosten der GdWE eine Änderung der bisherigen Verteilung, dürfen sie jeden Maßstab wählen, der den Interessen der Gemeinschaft und der einzelnen Wohnungseigentümer angemessen ist und insbesondere nicht zu einer ungerechtfertigten Benachteiligung Einzelner führt. Werden Kosten von Erhaltungsmaßnahmen (§ 19 Abs. 2 Nr. 2 WEG), die nach dem zuvor geltenden Verteilungsschlüssel von allen Wohnungseigentümern zu tragen sind, durch Beschluss einzelnen Wohnungseigentümern auferlegt, entspricht dies jedenfalls dann ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn die beschlossene Kostenverteilung den Gebrauch oder die Möglichkeit des Gebrauchs berücksichtigt.

      b) Daran gemessen ist die beschlossene Änderung der Kostenverteilung für den Austausch der Fenster, die sich allein in dem Bereich des Sondereigentums des Klägers befinden, nicht zu beanstanden. Denn die Wohnungseigentümer haben dabei die Gebrauchsmöglichkeit des Klägers berücksichtigt. …

      c) Entgegen der Ansicht der Revision entspricht der Beschluss auch insoweit ordnungsmäßiger Verwaltung, als die Wohnungseigentümer allein über die Kostentragung für den Austausch der Dachflächenfenster im Bereich des Sondereigentums des Klägers entschieden haben, ohne zugleich eine Regelung für die Behandlung künftiger gleich gelagerter Fälle zu treffen.

      Der BGH hält es nach umfangreicheren Erwägungen, von deren Wiedergabe hier abgesehen wird, für nicht zu beanstanden, wenn die Wohnungseigentümer nach § 16 Abs. 2 Satz 2 Alt. 1 WEG in der seit dem 1. Dezember 2020 geltenden Fassung eine Änderung der Kostenverteilung für eine einzelne Erhaltungsmaßnahme beschließen, ohne zugleich eine entsprechende Regelung für alle künftigen gleich gelagerten Fälle zu treffen.

        Fazit

        Mit der Novellierung des WEG zum 01.12.2020 können Wohnungseigentümergemeinschaften gemäß § 16 Abs. 2 WEG einzelnen Wohnungseigentümern einen Teil oder sogar alle Kosten auferlegen, die das Gemeinschaftseigentum betreffen, wenn nur diese das betreffende Gemeinschaftseigentum nutzen können. Dies wird neben Dachfenstern zukünftig auch Aufzugsanlagen betreffen. Ist, wie in Altbauten häufig, in einer Wohnungsanlage, die ein Vorhaus und mehrere Hinterhäuser umfasst, nur im Vorderhaus ein Aufzug vorhanden, könnte es zukünftig schwierig werden, für dessen Sanierung alle Wohnungseigentümer oder auch nur die Wohnungseigentümer im Vorderhaus gleichmäßig in Anspruch zu nehmen. Solches hatte der BGH auf der Grundlage des alten § 16 Abs. 2 WEG noch völlig anders entschieden (BGH 28.06.1984, VII ZB 15/83).

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        Fella Fricke Wagner
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