Rechtsanwaltskanzlei

Kündigung des Vermieters bei Handel mit Marihuana

Neue Wohnungen im Jahr 2022
+295.300

Wachstum gegenüber dem Vorjahr
0,6 % bzw. + 1.900 Wohnungen

Nach einem Rückgang der fertiggestellten Wohnungen im Jahr 2021 (293.400 Wohnungen) konnte im Jahr 2022 endlich wieder an die seit 2011 bis 2022 stetig gestiegene Anzahl neuer Wohnungen angeknüpft werden, auch wenn das Niveau des Jahres 2020 (306.400 Wohnungen) und auch das Ziel der Bundesregierung (jährlich 400.000 neue Wohnungen) nicht erreicht werden konnte.

Die Zahl der neuen Baugenehmigungen war indes mit 354.200 deutlich höher als die Zahl der fertiggestellten Wohnungen. 22.800 Baugenehmigungen erloschen, was einen Höhepunkt seit 2006 darstellt. Gründe hierfür sind Lieferengpässe und Fachkräftemangel. Dennoch entstand zum Jahresende 2022 ein Überhang von genehmigten, aber noch nicht fertiggestellten Wohnungen von 884.800, sodass optimistisch in die Zukunft geblickt werden kann.

Quelle: Statistisches Bundesamt

I. Aktuelles

Nicht nur die Zahl der Wohnungsbauprojekte steigt, auch insgesamt ist die prognostizierte Umsatzentwicklung des Baugewerbes in Deutschland weiterhin steigend. Für das Jahr 2023 wird ein Umsatz von knapp 380 Milliarden Euro erwartet.
Unsere Kanzlei steht ebenfalls im Zeichen des Wachstums. Im März 2023 kam mit Frau Rechtsanwältin Jennifer Wolbert eine weitere Ergänzung für den Standort in Karlsruhe ins Team. Frau Wolbert ist seit 2023

zugelassene Rechtsanwältin. Im Rahmen des Referendariats war sie 2021 und 2022 in einer international tätigen Großkanzlei in Seoul, Südkorea u. a. mit den Schwerpunkten internationales Unternehmens- und Wirtschaftsrecht tätig. Frau Wolbert unterstützt nun unser Team in Karlsruhe in sämtlichen Angelegenheiten des privaten Baurechts und des Architektenrechts.

II. Entscheidungen im Überblick

1. Drogendealender Sohn ist Kündigungsgrund!
LG München I, Beschluss vom 03.07.2022 – 14 T 020/22

In der vorangegangen Depesche haben wir darüber informiert, dass der nackt sonnenbadende Vermieter im Hof die Gebrauchstauglichkeit der Mietsache nicht beeinträchtigt, wenn keine gezielte Einwirkung beabsichtigt ist und dies somit grundsätzlich keinen Mietmangel darstellt.
Etwas anderes gilt für den drogendealenden Sohn des Mieters: wenn dieser aus der Wohnung heraus in erheblichem Maße Handel mit Marihuana betreibt, kann der Vermieter fristlos kündigen. Eine die fristlose Kündigung rechtfertigende Straftat muss hinreichenden Bezug zum Mietverhältnis haben. Dies ist immer dann zu bejahen, wenn sie innerhalb des Mietobjekts begangen wird, wie beispielsweise bei der Aufbewahrung von Betäubungsmitteln. Für den hinreichenden Bezug ist nicht zwingend erforderlich, dass eine der Mietvertragsparteien der Straftäter ist. Vielmehr kann das Mietverhältnis ebenso betroffen sein, wenn die Straftat von einem Familienangehörigen, (engen) Freund oder Untervermieter verwirklicht wird.

2. Präqualifiziert bedeutet nicht automatisch geeignet
VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 23.02.2023 – 1 VK 55/22

Der Auftraggeber hat in einem europaweiten Verfahren ein Bauvorhaben ausgeschrieben, dessen einziges Zuschlagskriterium der Preis war. Als Nachweis der technischen und beruflichen Leistungsfähigkeit wurden drei mit der zu vergebenden Leistung vergleichbare Referenzen gefordert. Präqualifizierte Unternehmen hatten den Nachweis der Eignung durch Eintrag in die Liste des Vereins für die Präqualifikation von Bauunternehmen e.V. zu führen. Das Angebot der Antragstellerin wurde mit der Begründung ausgeschlossen, die Eignungsanforderungen seien nicht erfüllt.
Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin blieb ohne Erfolg!
Die Vergabekammer hat einmal mehr klargestellt, dass die Eintragung in einem Präqualifikationsverzeichnis den Bieter nicht vom Nachweis der Erfüllung der Eignungskriterien befreit, sondern lediglich die Nachweisführung erleichtern soll. Auch im Präqualifikationsverzeichnis hinterlegte Referenzen hat der Auftraggeber auf ihre Vergleichbarkeit mit der zu vergebenden Leistung zu prüfen. Die Anforderungen an die Vergleichbarkeit der Referenzleistungen ergeben sich aus dem Auftragsgegenstand selbst sowie den in den Vergabeunterlagen enthaltenen Angaben. Die Referenzleistung muss im technischen und organisatorischen Bereich zumindest einen gleich hohen Schwierigkeitsgrad, wie die ausgeschriebene Leistung aufweisen. Nur dann kann ein tragfähiger Rückschluss auf die Leistungsfähigkeit des Bieters für die ausgeschriebene Leistung gezogen werden.
Es zeigt sich, dass auch präqualifizierte Bieter gut beraten sind, im Vorfeld zu prüfen, ob die im Präqualifikationsverzeichnis hinterlegten Nachweise den Anforderungen des Auftraggebers tatsächlich entsprechen oder ergänzt werden müssen. Um Auslegungsstreitigkeiten zu vermeiden, sollten Auftraggeber in ihren Vergabeunterlagen klarstellen, welche Anforderungen an die Vergleichbarkeit der Referenzen gestellt werden und dass alle Anforderungen an die Eignung gleichermaßen für präqualifizierte Bieter gelten.

III. Entscheidungen im Detail

1. Der Auftragnehmer darf „optimieren“
BGH, Beschluss vom 15.03.2023 – VII ZR 851/21

(vorhergehend: OLG München, Urteil vom 28.09.2021 – 9 U 1739/20 Bau; LG München I, 26.02.2020 – 18 O 9535/18)

Die Klägerin, eine Versicherungsgesellschaft, macht als Haftpflichtversicherer eines Architekten aus übergegangenem Recht Gesamtschuldnerausgleichsansprüche gegen die Beklagte, ein Bauunternehmen, geltend – ohne Erfolg.

Sachverhalt:

Der Auftraggeber beauftragte den Auftragnehmer als Generalunternehmer mit der Errichtung eines Bus- und LKW-Servicebetriebs unter Einbeziehung der VOB/B. Vertragsbestandteil war u. a. das Raumbuch, das Festlegungen zum Dachaufbau enthält, sowie das gleichrangige Bieterprotokoll, in dem Folgendes geregelt ist:
„EnEV 2007: Der GU hat die Anforderungen der EnEV 2007 gesamteinheitlich einzuhalten. Die Schichtaufbauten können im Rahmen der ENEV optimiert werden. Daher ist der Wärmeschutznachweis objektbezogen und bauteilbezogen durch den GU anzupassen.“
Der AN führte den Schichtaufbau abweichend von der Beschreibung im Raumbuch aus. Unter anderem wurde statt der im Raumbuch beschriebenen zweilagigen Wärmedämmung eine einlagige Wärmedämmung eingebracht.
Nach einem selbstständigen Beweisverfahren zur Feststellung von Mängeln am Dachaufbau forderte der AG den AN zur Nacherfüllung unter Berufung auf die Vorgaben im Raumbuch und die Ausführungen des Sachverständigen im Beweisverfahren auf.
Der AN berief sich auf das Recht zur Optimierung, so dass er lediglich partielle Nacharbeiten einzelner Fehlstellen anbot. Der AG lehnte dies ab. Er machte daraufhin einen Vorschuss für einen Komplettaustausch des Dachaufbaus geltend.
Das Landgericht München hat der Klage stattgegeben und den AN zur Zahlung des Vorschusses verurteilt, da der Komplettaustausch den sichersten Weg, den der AG verlangen dürfe, darstelle. Die Regelung im Bieterprotokoll gestehe dem AN kein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht zu. Der beklagte AN ging daraufhin in Berufung.
Mit Erfolg!

Entscheidung:

Das Berufungsgericht hat die Berufung des beklagten AN als zulässig und begründet erachtet und das Urteil des Landgerichts aufgehoben und die Klage abgewiesen. Die Anschlussberufung der Klägerin wurde zurückgewiesen.
Das OLG legt die Regelung im Bieterprotokoll nach dem Wortlaut aus. „Optimieren“ bedeute in diesem Zusammenhang, „mit weniger Aufwand das gleiche Ergebnis zu erreichen, durch Veränderung von Kleinigkeiten nachjustieren.“ Nicht gemeint sei damit, dass es durch die Änderung des Schichtaufbaus zu einer Verbesserung der Bauqualität kommen müsse. Auch eine mit der Änderung verbundene Preisersparnis sei vom Wortlaut der Regelung gedeckt und intendiert. Da in der Regelung im Bieterprotokoll explizit auch der „Schichtaufbau“ angeführt werde, habe auch dieser zum Gegenstand der Optimierung gemacht werden dürfen, solange die EnEV weiterhin eigehalten werde. Aus dem Wortlaut der Klausel ergebe sich, dass die Optimierung des Schichtaufbaus nicht auf die EnEV bezogen, sondern davon losgelöst zu betrachten sei. Die EnEV gebe lediglich den unbedingt einzuhaltenden Rahmen wieder. Beide Ausführungsarten entsprächen jeweils im Übrigen den allgemein anerkannten Regeln der Technik und seien mindestens gleichwertig. Daher liege kein technischer bzw. funktionaler Mangel vor. Die bloße Abweichung vom Raumbuch bedeute keinen Mangel. Allenfalls konkrete Mängel bei der Umsetzung der Ausführung könnten einen Mangel begründen.
Da der AG zu Unrecht die vom AN angebotene Art der Mängelbeseitigung abgelehnt habe, indem er versucht habe, dem AN eine bestimmte Art der Mängelbeseitigung vorzuschreiben, fehle es an einer wesentlichen rechtlichen Voraussetzung für den geltend gemachten Kostenvorschussanspruch.

Praxishinweis:

„Optimieren“ bedeutet, dass der Auftragnehmer befugt ist, von den Vorgaben der Leistungsbeschreibung abzuweichen, solange die behördlichen und gesetzlichen Vorgaben eingehalten werden, die Leistung funktionstauglich ist, sie den anerkannten Regeln der Technik entspricht und mit der im Vertrag beschriebenen Leistung technisch mindestens gleichwertig ist.
Außerdem ist festzuhalten, dass über die Art der Nacherfüllung der Auftragnehmer entscheidet. Eine Neuherstellung kann der Auftraggeber nur dann fordern, wenn die vertragsgerechte Erfüllung auf andere Weise nicht möglich ist.

2. Mängelrüge hemmt die Verjährung nicht insgesamt!
OLG Saarbrücken, Urteil vom 19.10.2022 – 2 U 229/21
(vorhergehend LG Saarbrücken, Urteil vom 08.07.2021 – 15 O 184/20).

Die gesetzliche Verjährungsfrist für Baumängel kann durch eine individualvertragliche Vereinbarung der Bauvertragsparteien wirksam verkürzt werden.
Verjährungshemmende Maßnahmen des Auftraggebers betreffen nur den konkret im Raum stehenden Mangel und nicht jedwede sonstigen Mängel.
Die Mängelrüge dient dazu und muss deshalb so formuliert sein, dass der Auftragnehmer überblicken kann, was ihm vorgeworfen wird und was von ihm als Abhilfe erwartet wird.

Sachverhalt

Der Auftraggeber (AG) beauftragte im Jahr 2007 den Auftragnehmer (AN) mit der Installation einer Heizungsanlage im Kellerraum seines Wohngebäudes. Nach Abschluss der Installationsarbeiten im Jahr 2010 legten AG und AN den 15.05.2010 als Abnahmedatum fest. Im Februar 2013 machte der AG erfolglos zunächst einen Kostenvorschuss wegen eines Mangels gerichtlich geltend, der eine zu geringe Höhe der unterhalb der Decke montierten Ausblasleitung zum Gegenstand hatte. Im Mai 2017 machte der AG einen weiteren Kostenvorschuss gerichtlich geltend und beanstandete nunmehr, dass der erforderliche Mindestabstand der Anlage je Wandseite unterschritten werde. Der AN berief sich auf Verjährung. Der AG widersprach und meinte, in beiden Fällen gehe es jeweils um die eingeschränkte Wartungsfähigkeit der Heizungsanlage und damit um denselben Mangel. Die Verjährung sei damit auch wegen des Mangels der zu geringen Wandabstände der Anlage bereits im Februar 2013 gehemmt worden.

Entscheidung:

Sowohl das Landgericht als auch das Oberlandesgericht gaben dem AN Recht.
Die im Mai 2017 erhobene Beanstandung stelle eine neue Mängelrüge dar. Bis dahin habe der AG ausschließlich die Lage der unterhalb der Decke des Kellerraums montierten Ausblasleitung beanstandet. Der unzureichende seitliche Wandabstand und die durch die Lage der Ausblasleitung hervorgerufene Absenkung der Raumhöhe seien nicht allein deshalb als unterschiedliche Erscheinungsformen ein und desselben Mangels anzusehen, weil es beide Male um eine Beeinträchtigung in der Möglichkeit zur Durchführung von Wartungsarbeiten an der Anlage gehe. Wartungsprobleme könnten allgemein ganz unterschiedliche Ursachen haben und z. B. auf die Konstruktion oder den Standort der Anlage zurückzuführen sein. Die auf eine konkrete Erschwernis bezogene Mängelrüge, die bei der Durchführung von Wartungsarbeiten aufgetreten sei, erfasse daher nicht ohne Weiteres andere noch nicht zutage getretene Wartungserschwernisse. Eine andere Beurteilung würde dem Sinn und Zweck der Mängelrüge nicht gerecht. Die Rüge, die durch die Lage der Ausblasleitung eingeschränkte Kopfhöhe erschwere die Durchführung von Arbeiten an der Anlage, habe dem AN keinen Anlass gegeben, den seitlichen Wandabstand zu überprüfen und gegebenenfalls an die Herstellervorgaben anzupassen. Der AN habe davon ausgehen dürfen, dass es dem AG (nur) darauf ankam, durch die Veränderung der Lage der Ausblasleitung den über der Anlage zur Verfügung stehenden Arbeitsraum zu vergrößern. Eine Verjährungshemmung lasse sich auch nicht mit der Symptomrechtsprechung begründen. Der in Betracht kommende Mangel (eingeschränkte Wartungsfähigkeit der Anlage) sei nicht Ursache, sondern Folge der vom AG beschriebenen Erscheinung.

Praxishinweis:

Die Reichweite der Mängelrüge wird durch die sogenannte Symptomrechtsprechung festgelegt. Danach ist der AG nicht gehalten, die Mangelursachen im Einzelnen darzulegen. Es genügt die konkrete Beschreibung des Mangels nach seinem äußeren Erscheinungsbild. Praktisch bedeutsam ist die Rechtsprechung u. a. für die Reichweite der Verjährungshemmung, die sich nicht auf einzelne Mangelerscheinungen, sondern auf alle Mängel, die für diese Erscheinungen ursächlich sind, erstreckt.

Als überörtliche Kanzlei haben wir un­sere Wur­zeln in Berlin und Erlangen. Ein enga­giertes und qualifi­ziertes Team von Anwälten ist speziali­siert auf alle Fra­gen rund um das Wirt­schafts- und Bau­recht.
Fella Fricke Wagner
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